Man würde denken, eine global ausgerichtete Bank wie die Credit Suisse suche höchst diskret einen Fahrer für die Chefetage: Etwa über eine Agentur für VIP-Bedürfnisse, Kandidaten mit Sicherheitsausbildung oder speziellen Fahrtrainings für heikle Situationen wie bei Staatschefs.

Im Ausland mag dies auch der Fall sein. Doch bei der CS liegt man mit diese Annahme falsch. In einer Mitte Dezember platzierten Annonce sucht die Grossbank über jobscout24 und bei "Offene Stellen" auf der CS-Homepage einen "Chaffeur/Chaffeurin für die Geschäftsleitung" (woher der Tippfehler kommt, ist unklar). Ein Führerschein der Kategorie B ist die Voraussetzung. Dies ist der "normale" Fahrausweis, den die meisten Schweizer nach der Fahrprüfung und der Probezeit erhalten. 

Wer die Verwaltungsräte und Chefs der Bank zu ihren Terminen fahren will, sollte einen "souveränen Umgang mit grossen Limousinen in sämtlichen Verkehrssituationen" an den Tag legen – Einparken mit einer 5,20 Meter langen S-Klasse von Mercedes sollte man also vorher schon geübt haben. Unregelmässige Dienstzeiten und gelegentlich Kurierdienste zu leisten muss man in Kauf nehmen, und Englischkenntnisse sollten Interessierte angesichts der internationalen Zusammensetzung der CS-Führungsgremien mitbringen. 

Auch der Leonteq-Chef suchte öffentlich

Allerdings sind auch "Verantwortungsbewusstsein, Diskretion und ein gutes zwischenmenschliches Gespür" gefragt. Ob die CS-Chefs kleine Sorgen und Nöte mit dem Chauffeur besprechen? Oder ist dies schlicht eine Aufforderung, nicht zu lauschen (was Chauffeure sowieso nicht sollten)? Solche Fragen dürften erst in einem Vorstellungsgespräch diskutiert werden. Auch die Frage, ob die Dienste des Chauffeurs für das Top-Management gefragt sind oder bei den Managern der Credit Suisse Schweiz, welche am 21. November gegründet wurde und 2017 an die Börse gebracht werden soll.

Es ist in der Schweiz eher unüblich, dass Finanzhäuser oder deren Top-Manager Fahrer über Internet-Inserate suchen. Aber es gibt solche Fälle: Jan Schoch, der jugendliche Chef des Derivatespezialisten Leonteq, suchte vor fünf Jahren per Annonce einen "Privatchauffeur/Butler", der ihn vom Wohnort in Appenzell nach Zürich fahren sollte. Gefordert waren "gepflegtes Aussehen und Ordnungsliebe" sowie eine "sichere und professionellen Fahrweise".

Schoch suchte den vertrauenswürdigen Angestellten privat, nicht für seine Firma. Nachdem das Inserat für Aufsehen sorgte und auch in den Finanzmedien darüber berichtet wurde, verschwand das Inserat vom Portal jobs.ch schnell wieder. Diskretion in allen Belangen, könnte man dazu sagen.