Aus Schweizer Sicht spricht nicht wirklich viel für den Dollar. So hat der "Greenback" in den letzten 20 Jahren gegen den Franken auf Wechselkursbasis 37 Prozent an Wert verloren. Doch der Franken ist nicht der Massstab, gegen die Schweizer Währung haben alle wichtigen Währungen der Welt in diesem Jahrhundert verloren.

Tatsache ist: Der Dollar ist und bleibt eine starke Währung, die speziell in Krisenzeiten - wie der Franken - bei Investoren gesucht ist. In den letzten 20 Jahren hat die US-Währung (nebst dem Franken) nur gegen den Dollar aus Singapur deutlich verloren und minim gegen die Währungen aus Taiwan, Kanada und Neuseeland. gegen das britische Pfund, den Euro und den japanischen Yen hat der Dollar zum Teil deutlich zugelegt. Diese Wertstabilität, das Vertrauen in die wirtschaftliche Stärke der USA sowie die uneingeschränkte Konvertierbarkeit in andere Devisen haben dem Dollar den Nimbus der weltweiten Leitwährung gegeben. 

Dennoch ist in letzter Zeit viel von der möglichen Einbusse der Devisen-Spitzenposition die Rede. Es ist vor allem das wachsende wirtschaftliche Gewicht der Schwellenländer sowie den erhöhten politischen Einfluss der dortigen politischen Entscheidungsträger auf den Welthandel und die Finanzströme, welche dem Dollar die Spitzenposition streitig machen. Das schreibt Michael Langham, Analyst für Schwellenländer beim Vermögensverwalter abrdn, in einem Marktkommentar. Auch der Verlauf der gehaltenen Devisenreserven könnte ein Zeichen dafür sein, dass der Wunsch, Dollar-Anlagen zu halten, abnimmt. Denn der Anteil des US-Dollars an den offiziellen Devisenreserven - er betrug zuletzt noch rund 60 Prozent - ist in den letzten 20 Jahren allmählich um mehr als 10 Prozentpunkte gesunken.

Doch dieses Argument greift für Langham zu kurz. Die Zunahme von Staatsfonds und Staatsbanken, die ausländische Vermögenswerte verwalten, habe das wahre Ausmass der Bestände der Länder verschleiert, so dass die Währungsreserven das Gesamtengagement gegenüber dem Dollar wahrscheinlich herunterspiele. Darüber hinaus hätten die Massnahmen, die die US-Politiker in der Zeit der Pandemie ergriffen haben, nämlich die Bereitstellung einer zunehmenden Zahl von Dollar-Swap-Linien, die Rolle des Dollars im internationalen Währungssystem wohl gestärkt

"Der Dollar ist nach wie vor die dominierende Währung im Devisenhandel und bei der internationalen Finanzierung", fährt Langham fort. Sein Anteil an den ausserbörslichen Devisentransaktionen sei bemerkenswert stabil geblieben. Die USA dominieren auch die Aktienmärkte mit einem Anteil von 62 Prozent am MSCI All Country Index und einem etwa gleich hohen Anteil am MSCI World Index.

Die Faktoren, welche die Position des Dollars stärken, "nämlich die Offenheit der Kapitalmärkte, die Qualität der Institutionen und seine etablierte Verwendung als Transaktionswährung", liessen sich nur schwer nachbilden oder gar umkehren. "Wir scheinen auch weit davon entfernt zu sein, dass digitales Zentralbankgeld einen Weg zur Umgehung des Dollar-basierten Systems eröffnet." Es stelle sich überdies die Frage, ob die Schwellenländer bereit seien, die Reformen zur Verbesserung der institutionellen Qualität und der Kapitalmarkttiefe durchzuführen.

Langham räumt zwar ein, dass ein technischer Zahlungsausfall - ausgelöst durch ein Scheitern der Neuverhandlung der US-Schuldenobergrenze oder eine erhebliche Verschlechterung der US-Institutionen - die Position des Dollars schwächen könnten. "Die Messlatte für eine Bedrohung des Dollars liegt jedoch sehr hoch." Tatsächlich befinde sich der US-Dollar auf handelsgewichteter Basis in der Nähe seines Höchststandes von Anfang 2000.

Trotz einer weltweiten Finanzkrise, mehrerer Streitigkeiten um die Schuldenobergrenze, politischer und sozialer Umwälzungen und eines Wiederauflebens der Inflation habe der Dollar seinen Glanz nicht verloren, so Langham. Er kommt zum Schluss: "Die Messlatte für eine Bedrohung des Dollars liegt sehr hoch."