Die leidgeprüften Aktionäre des Telemedizin-Anbieters Lifewatch mussten Ende März eine weitere bittere Pille schlucken. Das Unternehmen bittet die Aktionäre um eine Kapitalerhöhung von maximal 5 Millionen Aktien. Eine happiger Betrag angesichts der derzeit total ausstehenden Aktien von 13,5 Millionen Stück. Der Aktienkurs verlor in der Folge um über 20 Prozent. Das Minus seit dem Mehrjahreshoch von Anfang Januar beträgt gar fast 40 Prozent.

"Im Moment haben wir einen kleinen Schock", gibt Lifewatch-CEO Stephan Rietiker im Video-Interview mit cash anlässlich eines Mediengesprächs in Zürich zu. Der Kursrückgang sei aber nicht nur mit der angekündigten Kapitalerhöhung zu erklären, sondern auch mit der generellen Marktsituation.

Für die geplante Kapitalerhöhung spürt Rietiker, der seit Juni 2014 CEO von Lifewatch ist, positive Zeichen. "Wichtige Investoren werden uns unterstützen und mitzeichnen". Es sei auch noch nicht entschieden, ob Lifewatch die maximal angekündigte Zahl an Aktien für die Kapitalerhöhung brauche. Das hänge auch davon ab, ob Lifewatch "eine neue Transaktion anvisieren wolle", so Rietiker.

Lifewatch ist auf Überwachungsprodukte spezialisiert, die auf der Haut getragen werden. Sie messen Daten wie etwa die Herz- und Atemfrequenz. Bei Lifewatch, die früher Cardguard hiess, musste vor zwei Jahren der langjährige CEO Yacov Geva nach einer turbulenten Generalversammlung gehen. CEO Rietiker gehört zu einer Aktionärsgruppe, die 23 Prozent des Lifewatch-Kapitals kontrolliert. In der Spitzenzeit während der Dotcom-Blase vor 15 Jahren erreichte die Aktie einmal einen Spitzenwert von 142 Franken, der Tiefpunkt waren  1,92 Franken im Jahr 2011. Derzeit notiert die Aktie bei 12,20 Franken.

Operativ läuft es «sehr gut»

Dass es überhaupt zur Kapitalerhöhung kommt, hat Lifewatch einem Urteil in den USA zu "verdanken". Lifewatch muss Highmark, der zehntgrössten US-Krankenkasse, eine happige Summe von 18,7 Millionen Dollar plus Zinsen Schadenersatz berappen. Schon auf diese Meldung am 21. März reagierten die Lifewatch-Aktien deutlich negativ. Dabei handelt es sich um eine Altlast des ehemaligen Managements aus den Jahren 2009 und 2010. Angeblich soll Lifewatch zu viel für medizinische Leistungen verlangt haben.

Lifewatch, die hauptsächlich in den USA tätig ist, will sich gegen den Schiedsspruch wehren, auch mit Einbezug von neuen Anwälten. Man will das Schiedsurteil aufheben und Ersatzansprüche durch einen verbundenen Antitrust-Fall geltend machen. "Ich bin zuversichtlich, dass wir da eine verbesserte Situation erhalten", so Rietiker.

Mit der Strafe wurde auch die operative Leistung des letzten Jahres zunichte gemacht. Feierte das Unternehmen noch am 17. März mit einem Nettogewinn von 1,62 Millionen Dollar die Rückkehr in die Gewinnzahlen, musste es nur sechs Tage später den Jahresbericht revidieren. Es resultiert nun ein Verlust von 11,95 Millionen Dollar für 2015.

Operativ läuft es Lifewatch den Angaben von Rietiker zufolge in diesem Jahr "sehr gut. Wir sind über Plan." Das gelte für das erste Quartal, das zweite gehe positiv weiter. "Ich bin auch zuversichtlich, dass sich der Aktienkurs wieder erholen wird."

Rietiker hat an der Universität Zürich Medizin studiert und doktoriert. Nach fünf Jahren medizinischer Praxis wechselte er in die Pharmaindustrie, wo er diverse Führungspositionen bei Roche, Boeringer Mannhein und Schering Plough. 2001 übernahm er die Leitung des Krisenunternehmens Sulzer Medica, das er nach der Umbenennung in Centerpulse nach einem Jahr wieder verliess.

Im Video-Interview mit cash äussert sich Rietiker auch zur "Uberisierung" des Gesundheitswesens und zur Konkurrenz von Google und Apple in diesem Bereich.