Der Kreditversicherer Euler Hermes senkte seine Prognose für das Welthandelsvolumens 2022 um rund ein Drittel auf vier Prozent, wie aus einer Analyse vom vergangenen Dienstag hervorgeht. Die Weltwirtschaft dürfte nur noch um 3,3 Prozent zulegen und damit 0,8 Prozentpunkte weniger als noch vor Beginn des Konflikts erwartet. Für Deutschland kappte der Kreditversicherer seine Prognose für das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts auf 1,8 von zuvor 3,2 Prozent. Ohne Gegensteuern der Politik könnten die Insolvenzen in Europa in diesem Jahr mit 23 Prozent deutlich stärker steigen als ursprünglich erwartet. Auch in Deutschland sei mit plus vier Prozent eine Trendwende zu erwarten.

"Bei einer weiteren Eskalation des Konflikts droht 2023 eine Rezession für die gesamte Weltwirtschaft, für die Euro-Zone und auch für Deutschland", sagte Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Allianz und deren Tochter Euler Hermes. Die aktuellen Sanktionen treffen demnach Russlands Wirtschaft hart und könnten das Land mit einem Einbruch der Wirtschaftskraft um acht Prozent in eine starke Rezession stürzen. "Bei einer weiteren Eskalation dürfte die Wirtschaftsleistung sogar um 16 Prozent schrumpfen", erklärte Euler Hermes.

Für den Welthandel insgesamt sei Russland zwar nicht systemrelevant, in einigen Bereichen dürften die jüngsten Entwicklungen dennoch spürbare Schockwellen auslösen: "Insbesondere die stark abhängigen Exporteure in Zentral- und Osteuropa könnten herbe Einbussen erleiden", sagte Subran. "Zudem geraten Lieferketten in einigen Branchen erneut unter grossen Druck, insbesondere in der Halbleiter- und Automobilindustrie." Benötigte Metalle, spezielle Gase und Kabel seien knapp und könnten zu unterbrochenen Lieferketten führen.

Durch die ausgebremste Weltwirtschaft steigt laut Studie vielerorts das Risiko von Zahlungsausfällen und auch Firmenpleiten dürften wieder spürbar zunehmen, insbesondere in Europa. "Der potenzielle Anstieg der Insolvenzen in Europa hat sich durch den Konflikt in diesem Jahr um sieben Prozentpunkte auf +23 Prozent erhöht und im kommenden Jahr um vier Prozentpunkte auf +17 Prozent", sagte Milo Bogaerts, Chef von Euler Hermes in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Dies gelte für den Fall, dass die Politik nicht gegensteuere. In Deutschland seien die Insolvenzen immer noch auf einem sehr niedrigen Niveau. "Aber die verlangsamte Konjunktur dürfte 2022 wahrscheinlich eine Trendwende auslösen, mit höheren Risiken in den sensibelsten Sektoren wie Energie, Transport und Automobilzulieferer." 

(Reuters)