Die gute Nachricht aus Sicht der Aktionärinnen und Aktionäre zuerst: Beim Zugbauer Stadler Rail hat sich das Tagesgeschäft in der ersten Jahreshälfte kräftig belebt. Der Umsatz steigt im Jahresvergleich um mehr als 50 Prozent auf 1,42 Milliarden Franken, der operative Gewinn (EBIT) verachtfacht sich sogar auf 49 Millionen Franken. Ausserdem erreicht der Auftragsbestand mit knapp 18 Milliarden Franken ein neues Rekordhoch.

Die schlechte Nachricht: Obwohl der Umsatz selbst die kühnsten Analystenschätzungen übertrifft, bleibt der operative Gewinn (EBIT) den Erwartungen einiges schuldig. Ausserdem hat das Unternehmen zwischen Anfang Januar und Ende Juni erneut gut 41 Millionen Franken an Barmitteln "verbrannt". Das ist zwar ein deutlich geringerer Betrag als die 309 Millionen Franken aus der pandemiegeplagten Vorjahresperiode, aber immer noch einiges mehr, als Experten geschätzt hatten.

Und obwohl der Zugbauer mit einer weiteren kräftigen Belebung in der zweiten Jahreshälfte rechnet und seine diesjährigen Umsatz- und Margenvorgaben bestätigt, können einige Analysten ihre Enttäuschung nicht verbergen. Letztere gilt einerseits der Margenentwicklung, andererseits eben auch der Barmittelentwicklung. Firmenpatron Peter Spuhler sei es noch nicht wieder gelungen, sein Unternehmen wieder in die Erfolgsspur zu bringen. Auf ihn warte in der zweiten Jahreshälfte viel Arbeit, wie Beobachter festhalten.

Schwache Barmittelentwicklung überrascht nicht

Dass die Stadler-Rail-Aktie nach einem Vorstoss auf 41,88 Franken noch immer um mehr als 4 Prozent höher notieren, dürfte damit zu tun haben, dass einige Banken schon im Vorfeld vor einer verhaltenen Barmittelentwicklung gewarnt hatten.

Unter ihnen Kepler Cheuvreux. Nach Kontakten mit dem Unternehmen setzte der Broker bereits Mitte Juni bei seinen Schätzungen für den freien Cash Flow den dicken Rotstift an (der cash Insider berichtete). Mit 173 Millionen Franken liegen diese seither um fast 50 Prozent unter den durchschnittlich erwarteten 179 Millionen Franken anderer Banken.

Nach der enttäuschenden Barmittelentwicklung der ersten sechs Monate gelten nun allerdings selbst die 173 Millionen Franken als zu optimistisch.

Die UBS gibt zu bedenken, dass die firmeneigenen Aussagen zur diesjährigen Barmittelentwicklung weiterhin ermutigend seien. Etwas Zweckoptimismus spielt da bei der Grossbank wohl hinein, ging sie bisweilen doch von einem freien Cash Flow von 265 Millionen für dieses Jahr aus. Als ehemalige IPO-Bank stuft die UBS die Aktie mit "Buy" und einem 52 Franken lautenden 12-Monats-Kursziel ein.

Aktie mit enttäuschender Kursbilanz

Die Zürcher Kantonalbank stösst sich hingegen etwas an der höheren Nettoverschuldung. Mit knapp 750 Millionen Franken liegt diese über den 608 Millionen Franken von Ende 2020. Dadurch fällt die Eigenkapitalquote auf 16,3 (zuvor 19,1) Prozent. Die Zürcher Bank schätzt die Aktie wie bis anhin nur mit "Marktgewichten" ein.

Die Investmentbank Oddo schlägt eher versöhnliche Töne an. Ihres Erachtens blickt Stadler Rail auf eine starke erste Jahreshälfte zurück. Ausserdem bezeichnen die Franzosen die Bestätigung der diesjährigen Vorgaben und der Mittelfristziele als "beruhigend". Sie preisen die Aktie weiterhin mit "Outperform" und einem Kursziel von 53 Franken zum Kauf an.

Wie Händler ergänzen, nimmt das zuletzt schwache Abschneiden der Stadler-Rail-Aktie bereits einiges an negativen Aspekten vorweg. Seit Ende Dezember errechnet sich ein überblickbares Plus von 2 Prozent, von den Jahreshöchstkursen aus betrachtet sogar ein Minus von etwas mehr als 14 Prozent.