Dicke Post für Stadler Rail: Das österreichische Bundesverwaltungsgericht entscheidet gegen den Schweizer Zugbauer und erklärt einen Zuschlag der Österreichischen Bundesbahn (ÖBB) für nichtig. Dies schreibt das "St. Galler Tagblatt" und beruft sich dabei auf Information der österreichischen Zeitung "Der Standard". 

Die ÖBB hatte Mitte 2021 entschieden, dass Stadler bis zu 185 elektrische Triebzüge für den Bahn- und Regionalverkehr in Niederösterreich und Wien bauen darf. Der Rahmenvertrag für die Lieferung belaufe sich auf über drei Milliarden Euro, hatte Konzernchef Peter Spuhler Ende August bei der Vorlage der Halbjahreszahlen erklärt. Doch daraus wird jetzt nichts.

Der Grund ist ein Formfehler. Stadler, um Verwaltungsratspräsident Peter Spuhler, habe das Angebot mit der Schweizer Version einer elektronischen Signatur unterschrieben. Diese ist in der EU aber nicht gültig. Der ÖBB ist dieser Fehler nicht aufgefallen, erst das Gericht hatte dies bemerkt. 

Neu ausschreiben oder anfechten

Die Bahn muss jetzt entweder die Vergabe nochmals neu ausschreiben oder den Gerichtsentscheid anfechten. Ein Sprecher sagte gegenüber dem St. Galler Tagblatt, man werde das Urteil jetzt analysieren und dann über das weitere Vorgehen beraten. 

Am späteren Nachmittag reagiert dann Stadler Rail und gibt sich überrascht. Sie betrachtet ihr Angebot als rechtsgültig: "Stadler hat diese elektronische, von den zuständigen internationalen Behörden anerkannte, Signatur schon hundertfach bei der Teilnahme an Ausschreibungen im EU-Raum verwendet. Zahlreiche so unterzeichnete Angebote wurden damit gewonnen, auch solche österreichischer Bahnen." Der Zugbauer kündigt an, sämtliche Rechtsmittel auszuschöpfen und geht davon aus, dass dieser "angebliche Formfehler korrigiert wird".

Durch den Entscheid entgeht Stadler eine grosse Summe, die eingeplant war. Es wären Anzahlungen von 160 Millionen fällig gewesen, hatte Spuhler Ende August gesagt.

In den vergangenen zwölf Handelstage schloss die Aktie des Zugbauers nur einmal im Plus, in den vergangenen vier Wochen verlor sie 4,5 Prozent. An der Schweizer Börse kippte die Aktie nach der Stellungnahme des Konzerns um 1,6 Prozent ins Minus, erholte sich aber wieder und schloss mit einem Minus von 0,58 Prozent.

ÖBB will schnelle Lösung

Der Grund für den Gerichtsentscheid ist ein Einspruch von Stadler-Konkurrent Alstom. Diese lege praktisch bei allen Ausschreibungen, die sie verlieren würden, Einsprache ein. Das sei ein Unding. Das führe zu Verzögerungen von zwei bis drei Jahren und verursache mehr Aufwand und Kosten, kritisierte Spuhler.

Brisant ist auch, dass offenbar nicht Alstom den Formfehler mit der Unterschrift entdeckte. Laut "Standard" stellte der Richter bei der Überprüfung der Legitimation des Stadler-Angebots an die ÖBB diesen Mangel fest.

Auch die ÖBB wollen die Folgen des Gerichtsurteils so schnell wie möglich überwinden: Man arbeite bereits auf Hochtouren an einer Lösung, erklärten die Bundesbahnen in einer Stellungnahme an die österreichische Nachrichtenagentur APA: Im konkreten Fall sei zwischen einer Revision gegen das vorliegende Urteil oder einer Neuausschreibung der Rahmenvereinbarung abzuwägen. Diese Entscheidung werde in den nächsten Wochen fallen, der schnellere Weg werde beschritten. Zu Einschränkungen im Bahnangebot werde es nicht kommen.

(cash/AWP)