«Wir müssen eine Lösung für den Treibstoff finden - sonst kommt unsere Hilfsaktion zum Erliegen», schrieb die Organisation am Mittwoch auf der Plattform X. UNRWA-Sprecherin Juliette Touma hatte schon zuvor die Sorge geäussert, die Organisation werde ohne Treibstoff nicht in der Lage sein, Menschen in Not über den Mittwoch hinaus helfen zu können.

Israel ist gegen die Treibstofflieferungen, weil das die Hamas vor einer erwarteten Bodenoffensive stärken könne. Die im Gazastreifen herrschende Organisation hatte Israel mit einem beispiellosen Überfall vor zweieinhalb Wochen überrascht und entsetzliche Massaker unter der Zivilbevölkerung angerichtet.

Bei dem Terrorüberfall sowie Kämpfen und Raketenbeschuss seither mehr als 1400 Israelis, rund 4000 wurden verletzt. Zudem verschleppten Terroristen am 7. Oktober mindestens 222 Menschen in den Küstenstreifen, nur vier wurden von der Hamas bisher freigelassen.

Israel will UN-Vertretern nach Guterres-Kritik keine Visa geben

Der Ton zwischen Israel und den Vereinten Nationen verschärft sich. Nach den israelkritischen Äusserungen von UN-Generalsekretär António Guterres kündigte Israels UN-Botschafter Gilad Erdan an, Vertretern der Vereinten Nationen keine Visa mehr zu geben. Israel habe bereits Nothilfe-Koordinator Martin Griffith die Einreise verweigert, sagte Erdan dem israelischen Armeesender. «Es ist Zeit, dass wir ihnen eine Lektion erteilen», sagte der Diplomat. Israel hatte bereits in der Vergangenheit UN-Beobachtern die Einreise verweigert.

Guterres hatte die israelischen Gegenangriffe im Gazastreifen kritisiert und von «eindeutigen Verstössen gegen das humanitäre Völkerrecht» gesprochen. Er verurteilte den Hamas-Terroranschlag am 7. Oktober zwar, sagte aber, dieser habe «nicht im luftleeren Raum» stattgefunden. In dem Zusammenhang sprach Guterres von der israelischen Besatzung palästinensischer Gebiete.

Erdogan bezeichnet Hamas als Freiheitskämpfer

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete die von der EU, den USA und Israel als Terrororganisation eingestufte Hamas als Freiheitskämpfer. Man habe keine Problem mit dem Staat Israel, verurteile aber die «Gräueltaten» Israels im Gazastreifen, sagte Erdogan weiter. Die Türkei verzeihe keine Aktionen, die auf Zivilisten abzielten «einschliesslich israelischer Zivilisten». Erdogan rief zu einem Waffenstillstand auf.

Auch Krankenhäusern im Gazastreifen geht der Strom aus

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilte mit, Krankenhäuser im Gazastreifen müssten bereits wegen Treibstoffmangels schliessen. Deshalb seien unter anderem 2000 Krebspatienten, 1000 Dialysepatienten und 130 Frühgeborene zunehmend gefährdet sowie Chirurgie-Patienten und solche in der Intensivpflege. Nun geht den Krankenhäusern Berichten zufolge der Treibstoff für Notstromaggregate aus.

Die Stromversorgung in dem nur 40 Kilometer langen und zwischen sechs und zwölf Kilometer breiten Küstenstreifen ist schon lange zusammengebrochen. Dem einzigen Kraftwerk ging der Treibstoff aus und Israel, das bis zu dem Überfall einen Teil der Versorgung sicherte, hat die Lieferungen seit dem Hamas-Überfall eingestellt.

Seit dem Beginn der israelischen Luftangriffe starben im Gazastreifen nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums 6546 Menschen und mehr als 17 400 wurden verletzt. Die Zerstörungen im Gazastreifen waren immens.

Wasser, Lebensmittel und Medikamente immer knapper

Auch die Lieferung anderer Hilfsgüter wie Trinkwasser, Lebensmittel und Medikamente über den einzigen zumindest zeitweise geöffneten Grenzübergang Rafah von Ägypten in den Gazastreifen lief weiterhin schleppend. «Wir haben heute acht Lastwagen erhalten und in den vergangenen drei Tagen 54», sagte ein Sprecher des Palästinensischen Roten Halbmonds. Zwölf weitere Laster wurden nach Informationen aus ägyptischen Sicherheitskreisen am weiter südlich gelegenen Grenzübergang Audscha noch kontrolliert und sollten dann geliefert werden.

Den Vereinten Nationen zufolge wären für eine Versorgung der mehr als 2,2 Millionen Menschen im Gazastreifen Ladungen von 100 Lastwagen täglich nötig. Israel hatte nach den Hamas-Massakern bis vergangenen Samstag keine Hilfsgüter in das Küstengebiet gelassen.

Berater der israelischen Regierung: Hamas hortet Treibstoff

Der Sicherheitsberater der israelischen Regierung, Mark Regev, warf der Hamas vor, sie habe grosse Vorräte an Treibstoff im Gazastreifen. Damit könnten die Krankenhäuser sofort versorgt werden, sagte er dem britischen Sender BBC. Israel sei gegen Treibstofflieferungen von aussen, weil die Hamas diesen für Raketen gegen Israel und generell die Stärkung ihrer Kampfkraft verwenden könne. Angesichts «kommender Kämpfe» sei dies nicht im Interesse Israels.

Die israelische Regierung will die Hamas zerschlagen. Zur Frage, wie das erreicht werden und was danach geschehen soll, lässt sich Israel nicht in die Karten schauen. Westliche Verbündete Israels befürchten, dass der Konflikt bei einer israelischen Bodenoffensive auf andere Gebiete der Region übergreifen könnte, vor allem mit der Schiitenmiliz Hisbollah im Südlibanon. Sie ist wie die Hamas mit Israels Erzfeind Iran verbündet.

Israel antwortet auf Beschuss aus Syrien

Auch im benachbarten Syrien attackierte die israelische Armee militärische Stellungen. Wie das Militär mitteilte, flogen Kampfflugzeuge Angriffe gegen militärische Infrastruktur und Mörsergeschütze der syrischen Armee. Demnach war am Vortag Richtung Israel gefeuert worden.

Israels Luftwaffe bombardiert immer wieder Ziele im benachbarten Syrien. Israel will verhindern, dass der Iran und mit ihm verbündete Milizen ihren militärischen Einfluss in Syrien ausweiten./ro/DP/nas

(AWP)