Von Flugzeugbau über Smogbekämpfung, Hightech-Kleidung bis zur Wundheilung: Die zweidimensionale Kohlenstoff-Form Graphen (Betonung auf der zweiten Silbe) hat ein schier unerschöpfliches Anwendungs-Potenzial.

Graphen besteht aus einer einzigen Schicht wabenförmig angeordneter Kohlenstoffatome. Das Material verfügt über aussergewöhnliche elektronische, thermische, mechanische und optische Eigenschaften. Für viele Anwendungen muss das Graphen allerdings mit anderen Materialien kombiniert werden. Dabei ändern sich aber auch seine Eigenschaften drastisch.

Wiener Forscher haben nun erstmals beobachtet, wie das Material Indiumoxid auf Graphen aufwächst, also wie der Belag auf eine "Graphen-Pizza" gelangt. "Wie bei einer Pizza, kommt es in der Graphentechnologie nicht nur auf den Graphen-Pizzaboden, sondern auch auf dessen Belag an", erklärte Bernhard Bayer vom Institut für Materialchemie der Technischen Universität (TU) Wien in einer Aussendung. Wie dieser Belag aufs Graphen aufgebracht werde, sei entscheidend.

Gemeinsam mit Kollegen der Fakultät für Physik der Universität Wien konnten die Wissenschaftler im Elektronenmikroskop beobachten, wie Indiumoxid Schritt für Schritt auf Graphen aufwächst, berichten sie im Fachjournal "Advanced Functional Materials". Dabei lässt man die Indium- und Sauerstoffatome im gasförmigen Zustand auf dem Graphen kondensieren.

Drastisch beeinflusst wird dabei das Ergebnis beispielsweise von Hintergrunddruck, Temperatur oder der Geschwindigkeit, mit der die Atome aufgebracht werden. "Daher ist es wichtig, ein grundlegendes Verständnis zu entwickeln, welche chemischen und physikalischen Vorgänge dabei genau ablaufen", so Bayer. Dabei hilft die Beobachtung des Prozesses.

Die Wissenschaftler haben etwa gesehen, dass sich das Indiumoxid auf dem Graphen je nach Hintergrunddruck entweder willkürlich anordnet oder wie ein Legostein auf dem anderen einrasten. Dieser Unterschied in der Anordnung kann einen grossen Einfluss auf die Eigenschaften der kombinierten Materialien haben.

Die Forscher hoffen, die neuen Erkenntnisse dazu zu nutzen, um künftig die Kombination von Graphen mit anderen Materialien planbarer und kontrollierbarer für die jeweiligen Anwendungsanforderungen zu machen.

*Fachartikellink https://doi.org/10.1002/adfm.202003300

(SDA)