Die Hochdorf-Gruppe machte am Wochenende überraschend transparent, wie sie sich ihren neuen Chef vorstellt. Er soll nicht nur eine hohe Kompetenz in Betriebswirtschaft haben – ohnehin ein Muss für solche Positionen, sondern er muss auch die Dynamik der internationalen Lebensmittelindustrie und die Besonderheiten der Schweizer Landwirtschaft kennen. 

Diese und weitere Eigenschaft sind nachzulesen in einem Inserat, das am Wochenende im Kadermarkt-Stellenanzeiger "Alpha" des Tages-Anzeigers erschienen ist. Damit geht der Zentralschweizer Hersteller von Milchpulver und Babynahrung bei der CEO-Suche ungewohnte Wege. Denn für einmal bestimmen nicht Beziehungen und Seilschaften über den neuen Chef, sondern klar definierte Kompetenzen. 
 
Chefabgang vor einem Monat
 
Erst vor gut einem Monat, einige Tage vor Weihnachten, hatte sich Hochdorf von seinem langjährigen CEO Damian Henzi getrennt, weil unterschiedliche Vorstellungen über den Expansionskurs des Unternehmens vorlagen. Dem Verwaltungsrat schien das Vorgehen von Henzi zu forsch, weshalb dieser gehen musste und interimistisch vom Finanzchef ersetzt wurde. 
 
Unter Henzi erfolgte im Mai 2011 der Börsengang an der SIX. Allerdings sackte der Titel in den ersten Monaten um fast 40 Prozent ab. Erst die jüngsten Aufträge aus China im Herbst sorgen für eine Erholung in den Valoren. 
 
Nun gelte es, wieder eine Lösung zu finden, die längerfristig halte, sagt Markus Theiler vom Führungskräfte-Vermittler Jörg Lienert, der für Hochdorf die Suche leitet. Er setzt vor allem aus einem Grund auf Inserate: „Bei öffentlichen Ausschreibungen kommt man an zusätzliche Kandidaten heran, die man ansonsten ausschliessen würde“, sagt Theiler.
 
Auch Crealogix hat den öffentlichen Weg eingeschlagen, um den einen neuen Sparten-CEO zu finden. Der Bankensoftwarehersteller ist auf der Suche nach einem Chef des E-Banking-Bereichs von Crealogix
 
Ideal ist eine Mischform
 
Die Offensive der Hochdorf-Gruppe und Crealogix bei der Chefsuche im Zeitungsinserat könnte am Anfang eines neuen Trends stehen. "Ich beobachte immer mehr die Tendenz, dass gerade die an der Börse gelisteten Unternehmen ihre Chefs nicht aus dem Kandidatenpool von Headhuntern rekrutieren, sondern mit Zeitungsinseraten suchen", sagt Fredy Isler vom Winterthurer Stellenvermittler Fluris Consulting. Denn wenn die Wirtschaft schwächle, seien bedeutend mehr Führungskräfte wechselwillig oder auf Stellensuche. 
 
Für Isler ist es jedoch fraglich, ob auf diesem Weg der bestmögliche Kandidat gefunden werden kann. "Wer das Inserat nicht sieht, wird ausgeschlossen", sagt Isler. Ideal sei deshalb eine Mischform, die sowohl ein Headhunting als auch die Schaltung von Inseraten umfasst. Damit hat auch Theiler gute Erfahrungen gemacht: "Auch wenn interne Kandidaten vorhanden sind, wird die Stelle öffentlich ausgeschrieben. Dieser Quervergleich soll die bestmögliche Lösung für das Unternehmen bringen", sagt Theiler. 
 
Der Headhunter weiss aus eigener Erfahrung, dass der Rücklauf auf Inserate, in welchen ein Chef gesucht wird, relativ gross ist. "Je mehr strategische Aufgaben und je grösser die Führung ist, desto mehr Zusendungen erhalten wir", sagt Theiler. Meistens wiesen die Bewerbungen eine hohe Qualität auf, auch wenn nicht alle dem Idealprofil entsprächen. "Oft sind aber gerade die Bewerber die Interessanten, die leicht vom Idealprofil abweichen", sagt Theiler.