Die UEK ist der Ansicht, dass die Rehabilitation zwangs- oder administrativ versorgter Menschen gerade erst beginnt. Die Solidaritätsbeiträge, welche das Bundesamt für Justiz den Opfern ausbezahlt, seien erst ein Anfang. Das schreibt die UEK in ihrem am Montag veröffentlichten Schlussbericht zu den fürsorgerischen Zwangsmassnahmen.

In den Empfehlungen zuhanden des Bundesrats schlägt sie diverse Finanzhilfen für die Opfer vor. So sollen etwa ehemalige Zwangsversorgte, deren Steuerschulden wegen prekären Lebensbedingungen hoch sind, von den Steuern befreit werden. Weiter soll ein Hilfsfonds für nicht versicherte Krankenkosten geäufnet werden.

Auch der Vorschlag für den Anspruch auf eine lebenslange Rente ist in den Empfehlungen zu finden. Zudem soll den Opfern ein Generalabonnement der SBB offeriert werden. Darüber hinaus wiederholen die Forscher im Bericht ihre Kritik an der Anmeldefrist, welche im März 2018 ausgelaufen ist. Sie empfehlen, auf die Frist für die Gesuche zu verzichten.

Auf lange Sicht empfiehlt die UEK zudem ein "Haus der Schweiz". Dort sollen die Opfer Hilfe bekommen, wenn sie ihre politischen Rechte ausüben oder ihren Forderungen Gehör verschaffen wollen. Die Institution könnte gemäss UEK zudem als Erinnerungsort für die Geschichte der Zwangsmassnahmen dienen und Ausgangspunkt für neue partizipative Forschungsprojekte zu diesem Thema sein.

Die Unabhängige Expertenkommission wurde im November 2014 vom Bundesrat eingesetzt. Sie hat tausende Dokumente gesammelt und analysiert. In den vergangenen Monaten hat sie eine Serie von Büchern zum Thema veröffentlicht. Dabei stützten sich die Forschenden auch auf Zeugnisse von Betroffenen. Die Untersuchungen dauerten vier Jahre.

Demnach wurden im Verlauf des 20. Jahrhunderts mindestens 60'000 Personen in 648 Institutionen in der Schweiz unter Zwang administrativ versorgt. Das heisst, die Personen wurden ihrer Freiheit beraubt und in eine geschlossene Anstalt gesperrt. Dies, obwohl die Eingesperrten kein Delikt begangen hatten. Ihre Lebensweise erfüllte einfach die Erwartungen der Behörden nicht.

Weil es keine Rechtsgrundlage gab, wurde die administrative Versorgung für viele Zwecke genutzt. Sie wurde etwa zur Armutsbekämpfung, im Kampf gegen Alkoholismus oder zur Durchsetzung sozialer und moralischer Standards - insbesondere für Frauen - eingesetzt. Die Massnahme wurde schliesslich auch zum Instrument der "Umerziehung" für Jugendliche, die als rebellisch galten.

(SDA)