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Was Logitech-Chef Bracken Darrell und seine Belegschaft den Aktionären da gestern Dienstag zum Frühstück servierten, ist einmal mehr ziemlich beeindruckend. Mit einem Umsatz von 1,67 Milliarden Dollar und einem operativen Gewinn (EBIT) von rund 476 Millionen Dollar wurden die bei 1,25 Milliarden Dollar beziehungsweise 226 Millionen Dollar liegenden Annahmen um Längen übertroffen. Zum Vergleich: Der optimistischste Analyst ging von einem operativen Gewinn (EBIT) von 310 Millionen Dollar bei einem Umsatz von 1,36 Milliarden Dollar aus.

Dass das Weihnachtsquartal beim Unterhaltungselektronikhersteller aus Lausanne als das einträglichste des ganzen Jahres gilt, ist bekanntlich kein Geheimnis. Doch selbst im Jahresvergleich errechnet sich ein schlichtweg beeindruckender Zuwachs. Der Umsatz konnte um satte 85 Prozent gesteigert werden, der operative Gewinn (EBIT) erfuhr sogar etwas mehr als eine Verdreifachung.

Auf das Gesamtjahr betrachtet wird den Aktionären ein Umsatzwachstum in Lokalwährungen von bis zu 60 Prozent in Aussicht gestellt. Zudem soll der operative Jahresgewinn erstmals die Marke von einer Milliarde Dollar übersteigen.

Die Freude an einem dreistelligen Aktienkurs hielt bei Logitech nur kurz (Quelle: www.cash.ch)

Umso mehr überrascht mich, wie unterkühlt die Börse letztendlich auf diese geballte Ladung an erfreulichen Nachrichten reagierte. Im frühen Handel stiessen die Aktien von Logitech zwar erstmals in der Firmengeschichte auf über 100 Franken vor. Im Laufe des Nachmittags rutschten die Papiere dann gar deutlich ins Minus.

Heute Mittwoch nun kochen Spekulationen unterschiedlicher Couleur hoch.

Spekulation I: Dass dem Lausanner Unternehmen alleine zwischen Oktober und Dezember unter dem Strich fast 500 Millionen Dollar an liquiden Mitteln zugeflossen sind, weckt Begehrlichkeiten. Berechnungen von J.P. Morgan zufolge ist die Nettoliquidität bis Ende Dezember auf stolze 1,4 Milliarden Dollar herangewachsen. Das sind immerhin fast 8 Franken je Aktie. Kein Wunder, wird den Westschweizern nun ein weiteres Aktienrückkaufprogramm oder gar eine Sonderdividende nachgesagt. Einen kleinen Hinweis gab es anlässlich der Analystenkonferenz schon mal, als Firmenchef Bracken Darrell durchblicken liess, dass er auch die Aktionäre am Erfolg beteiligen will...

Spekulation II: Auch für diese ist der Firmenchef höchst persönlich verantwortlich, macht er aus seinem Appetit auf eine Grossübernahme doch kein Geheimnis. Es ist, als würde ihn die üppige Nettoliquidität unter den Fingernägeln brennen. Als sich Logitech im Winter 2018 für 2,2 Milliarden Dollar die amerikanische Plantronics einverleiben wollte, reagierte die Börse jedenfalls gar nicht erfreut. Vermutlich steht die am späten Dienstagnachmittag beobachtete Kursschwäche in direktem Zusammenhang mit diesen Spekulationen.

Spekulation III: Obwohl Logitech die Wachstums- und Gewinnvorgaben für das im März endende Geschäftsjahr 2020/21 bereits zweimal in Folge kräftig angehoben hat, wird dem Unternehmen schon heute ein starkes Schlussquartal nachgesagt. Gerade UBS-Analyst Joern Iffert ist sich ziemlich sicher, dass selbst die neuen Jahresvorgaben noch zu konservativ sind und übertroffen werden können.

Das eine – sprich ein milliardenschwerer Firmenkauf - würde das andere – die erhofften Aktienrückkäufe oder eine Sonderdividende – vermutlich grundlegend in Frage stellen. Dass die Aktien von Logitech dennoch in den Genuss einer kräftigen Gegenbewegung kommen, ist deshalb wohl eher den kräftigen Kurszielerhöhungen aus angelsächsischen Analystenkreisen zu verdanken. Jener der Citigroup veranschlagt neuerdings sogar ein Kursziel von 130 (zuvor 110) Dollar für die in New York gehandelten Titel.

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Der für Julius Bär tätige Cengizhan Sen nimmt es bei Temenos mit dem berüchtigten Leerverkäufer ShadowFall auf. Der Analyst stuft die Aktien der Genfer Bankensoftwareschmiede mit einem Kursziel von 130 (zuvor 100) Franken von "Hold" auf "Buy" herauf.

Ein ziemlicher Tritt ans Schienbein der Amerikaner. Diese übten bei Temenos erst kürzlich Kritik an den hohen Forschungs- und Entwicklungskosten sowie deren Verbuchung. Von Diskrepanzen zwischen dem Genfer Mutterhaus und der indischen Tochtergesellschaft ist dabei die Rede.

Der Angriff auf die Aktien von Temenos scheint fürs Erste abgewendet (Quelle: www.cash.ch)

ShadowFall ist für langjährige Temenos-Aktionäre kein Unbekannter. Bereits vor ziemlich genau einem Jahr blies der Leerverkäufer schon einmal zu einem Angriff auf das Unternehmen und dessen Aktien. Damals waren den Amerikanern die massiven Titelverkäufe aus der Teppichetage sowie "buchhalterische Bedenken" ein Dorn im Auge.

Allerdings war der letzte Angriff der Amerikaner vor allem deshalb von Erfolg gekrönt, weil wenige Wochen später das Covid-19-Virus von der chinesischen Metropole Wuhan seine Reise um den Globus antritt.

Ich bin jetzt schon neugierig, ob ShadowFall oder nicht doch eher der Julius-Bär-Analyst als Gewinner aus diesem Schlagabtausch hervorgeht.

 

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