Damit will sich die Union auf einen immer wahrscheinlicher werdenden Totalausfall der gelieferten Mengen aus Russland vorbereiten. Die in Brüssel versammelten Energieminister gaben grünes Licht für einen Vorschlag zur freiwilligen Senkung des Gasverbrauchs in den nächsten Monaten, teilte die tschechische EU-Ratspräsidentschaft in einem Beitrag auf Twitter mit. 

Der Plan sieht vor, dass das 15 Prozent-Ziel zwingend eingehalten werden muss, wenn eine Notsituation wie etwa eine gravierende Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland eintritt. Für einige Länder gibt es Ausnahmeregeln. Ungarn hat als einziges Land gegen die Notverordnung gestimmt, twitterte Luxemburgs Energieminister Claude Turmes.

"Wir können in diesem Winter Herr über unsere eigene Energiesicherheit sein", sagte Klimaschutz-Kommissar Frans Timmermans. "Wir werden den Kurs beibehalten, bis die Ukraine vollständig von der russischen Aggression befreit ist."

Das rasche Tempo der Einigung - die Europäische Kommission hatte die Verordnung erst letzte Woche vorgeschlagen - spiegelt die sich rapide verschlechternde Versorgung durch Russland wider. Die wichtige Pipeline Nord Stream 1 wird ab Mittwoch nur noch etwa 20 Prozent der Kapazität liefern, da nach Angaben Russlands eine weitere Antriebsturbine zur Wartung ansteht und ausser Betrieb genommen wird.

Die Chancen, dass die EU-Länder ihr Ziel einer 80-prozentigen Füllung der Gasspeicher erreichen können, sind dadurch noch geringer geworden, was den Druck zur Senkung des Verbrauchs erhöht. Nach der Einigung dürften die Regeln in den kommenden Tagen in EU-Recht umgesetzt werden.

Die neuen Regeln sind ein "noch nie dagewesener Schritt europäischer Solidarität", sagte Sven Giegold, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. "Mitgliedstaaten, die kein russisches Gas importieren, zeigen Unterstützung und haben sich verpflichtet, den Verbrauch zu reduzieren. Das hat es noch nie gegeben."

Kritik an Vorschlägen

Im Vorfeld des Treffens hatten eine Reihe von Ländern, darunter Italien, Ungarn, Polen, Portugal und Spanien, Bedenken gegen die Minderungsziele geäussert und dabei auf bereits erreichte Nachfragereduzierungen, fehlende Gasverbindungen zu anderen Ländern und die Tatsache verwiesen, dass Entscheidungen über Energiefragen in der Regel in die nationale Zuständigkeit fallen.

Die Tschechische Republik, die derzeit den EU-Vorsitz innehat, hatte in den letzten Tagen eine Reihe von Änderungen am Kommissionsvorschlag von letzter Woche eingebracht, um diese Länder zu überzeugen.

Die Neufassung enthält eine Bestimmung, nach der die Zahl der Länder, die eine verbindliche Reduzierung der Nachfrage um 15 Prozent beantragen müssen, von drei auf fünf erhöht wird, wie aus einem von Bloomberg eingesehenen Entwurf hervorgeht. Die Kommission könnte die Notmassnahme auch beantragen, wenn sie der Meinung ist, dass ein hohes Risiko einer Verknappung besteht. Beide Szenarien müssten von den Mitgliedstaaten mehrheitlich beschlossen werden, um in Kraft zu treten.

Weitere Änderungen betrafen die Berücksichtigung des Umfangs der Gasvorräte in einem Land sowie die Möglichkeit, bestimmte Schlüsselindustrien auszuschliessen. Ausserdem würden die Regeln nur für ein Jahr gelten und nicht wie ursprünglich geplant für zwei Jahre. Die Mitgliedstaaten könnten unter bestimmten Bedingungen, die von ihren Gasverbindungen mit anderen Ländern abhängen, eine geringere obligatorische Kürzung beantragen - zum Beispiel Inselstaaten wie Irland.

Nach Schätzungen der Kommission könnte ein Stopp der russischen Gaslieferungen an die EU das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 1,5 Prozent verringern, wenn der Winter kalt wird und die Region keine vorbeugenden Massnahmen zur Energieeinsparung ergreift.

(Bloomberg)