Der Euro hat am Dienstag gegenüber dem Franken stark an Wert eingebüsst und war mit 0,9735 Franken so wenig wert wie noch nie. Letztmals in ähnlich tiefen Regionen war der Euro am 15. Januar 2015 gewesen, als die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Mindestkurs von 1,20 Franken aufgehoben hatte. Dies hatte die Devisenmärkte in Turbulenzen gestürzt, so dass zeitweise gar kein Euro-Kurs mehr ermittelt werden konnte.

Zwar handelt der Euro mit 0,9752 Franken wieder leicht oberhalb des gestrigen Rekordtiefs. Doch es droht weiteres Ungemach: Italien hat von der Ratingagentur S&P Global Ratings eine Herabstufung seines Kreditausblicks erhalten. S&P begründete die Massnahme mit dem Rücktritt von Ministerpräsident Mario Draghi. Der Abgang der Regierung führe zu Neuwahlen im Herbst und damit zu einer längeren Phase der Unsicherheit. Notwendige Wirtschaftsreformen könnten verschoben werden oder sogar ausbleiben. 

Die Rendite der italienischen Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit sind am Mittwoch in der Folge auf 3,336 Prozent angestiegen, das ist der höchste Wert seit dem Oktober 2018. Der Renditeunterschied zwischen Italien und Deutschland nimmt weiter zu. Um die Stabilisierung der Anleihen von kriselnden Euro-Staaten wie Italien zu erreichen hat die EZB ein neues Instrument namens TPI (Transmission Protection Instrument) eingeführt. Mit dem TPI will die EZB gezielte und unbegrenzte Anleihekäufe einzelner hochverschuldeter Länder ermöglichen.

Einige Analysten sehen jedoch Schwierigkeiten, das neue Instrument erfolgreich einzusetzen. Dies, weil Italien auf eine Parlamentswahl zusteuert, bei der rechtsgerichtete und europafeindliche Parteien eine funktionierende Mehrheit erhalten könnten.

Frankenstärke als Audruck europäischer Ängste

Während der Euro gegenüber dem Dollar mit der Erwartung von Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed schwanken dürfte, wird Kurs gegenüber dem Franken ein deutlicherer Ausdruck der europäischen Ängste sein. Dies gilt insbesondere, nachdem die SNB der EZB mit ihrer eigenen Zinserhöhung zuvorgekommen ist.

Der Franken war eine wirksame Absicherung gegen Anleihenvolatilität während der europäischen Schuldenkrise in den Jahren 2010-2011. Als Folge stieg der Franken gegenüber dem Euro zum Höhepunkt der Krise um bis zu 49 Prozent. Diese Entwicklung könnte sich in den kommenden Monaten teilweise wiederholen.

(Bloomberg/cash)