Die grüne Wende könne mitunter erfolgreicher gelingen als bislang erwartet, obwohl die Bundesregierung im Streben nach mehr Energieunabhängigkeit zunächst mehr auf Kohle setzen müsse, heisst es am Sonntag in einer Analyse des Kreditversicherers Allianz Trade. "Mittelfristig dürften die ehrgeizigen Ziele Deutschlands den Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix sogar über das Mass hinaus steigern, das für die Erfüllung der Pariser Klimaziele bis 2035 erforderlich wäre", erklärte Milo Bogaerts, Chef von Allianz Trade in der Region Deutschland, Österreich und Schweiz.

Mehr Kohleverstromung werde die CO2-Emissionen in der EU nicht erhöhen, da sie durch das EU-Emissionshandelssystem (EU ETS) begrenzt seien. Wegen der hohen EU-Emissionshandelspreise sei es sehr unwahrscheinlich, dass Kohle langfristig als Ersatz für russisches Gas dienen werde, sagte Studienautor Markus Zimmer von der Allianz. "Sie wird aus dem Markt gedrängt werden." Mittelfristig zielten die Ambitionen Deutschlands auf eine mehr als vierfache Steigerung der Kapazitäten bei den erneuerbaren Energien ab. Das würde zwar die Abkehr vom russischen Gas beschleunigen. Bedingung dafür sei jedoch ein Paradigmenwechsel in zentralen Bereichen des Stromsystems. "Die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energien-, Strom- und Wasserstoffnetze müssen konsequent vereinfacht und beschleunigt werden", betonte Zimmer.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien schiebt laut Studie auch Wachstum und Beschäftigung an. Allein der Ausbau der Stromerzeugungskapazität erfordere hier bis 2035 Investitionen von durchschnittlich 28 Milliarden Euro pro Jahr. Dies führe direkt und indirekt zu einer zusätzlichen Wertschöpfung von 40 Milliarden Euro pro Jahr. "Zudem wird der Ausbau der erneuerbaren Energien von 2022 bis 2035 insgesamt durchschnittlich 440'000 Arbeitskräfte in Deutschland beschäftigen", bilanzierte Allianz Trade.

(Reuters)