Zwar ist das Quartalsergebnis des grossen Logistikkonzerns besser als erwartet ausgefallen. Die Anleger benutzten jedoch diese Gelegenheit, um ihre Gewinne zu Geld zu machen. Ausserdem fiel der langfristige Ausblick verhalten aus.

Die Aktien von Kühne+Nagel zählen zu den grössten Verlieren unter den Blue Chips im frühen Handel und kosten um 09.25 Uhr mit 234,80 Franken 4,6 Prozent weniger. Sie geben damit ihre Gewinne des laufenden Monats zu einem grossen Teil wieder ab. Derweil steht der SMI um 0,20 Prozent tiefer bei 11'074,17 Zählern.

Die Kursverluste bei den Valoren lassen sich wohl mit der langfristigen Perspektive erklären. Lässt man den Blick etwas weiter in die Zukunft schweifen, so schwächten sich die globalen Wirtschaftsaussichten aufgrund hoher Inflation und steigender Zinsen ab, heisst es bei Vontobel. Er erwarte längerfristig eine schwache Volumenentwicklung und einen allmählichen Rückgang der Frachtraten, wodurch die starke positive Dynamik der vergangenen Quartale bei Kühne+Nagel etwas zurückgehen werde, so der Analyst.

Das Wirtschaftswachstum werde sich verlangsamen und umgekehrt würden die globalen Schifffahrtskapazitäten ab 2023 deutlich zunehmen, ergänzt Goldman Sachs. Man erwarte daher, dass sich die bisherigen Vorteile weitgehend umkehren und sich das EBIT zwischen 2022 und 2024/25 halbieren werde, heisst es hier. Unter diesen Umständen komme es am heutigen Tag zu Gewinnmitnahmen, heisst es von Marktbeobachtern.

Dabei hatte der Logistikkonzern im zweiten Quartal 2022 erneut von den globalen Lieferkettenproblemen profitiert und bei allen wichtigen Kennzahlen eine markante Verbesserung erreicht. Zudem erwartet das Unternehmen kurzfristig weiterhin eine solide Nachfrage. Der Nettoumsatz stieg im zweiten Quartal um rund 45 Prozent auf 10,47 Milliarden Franken und der Reingewinn fiel mit 796 nach 446 Millionen Franken im Jahr zuvor ebenfalls klar höher aus. Kühne+Nagel hat damit die Analystenerwartungen auf allen Stufen klar übertroffen.

Kühne+Nagel habe in einem hochkomplexen und gestörten globalen Lieferkettenumfeld weiterhin eine hervorragende operative Leistung erzielt, heisst es denn auch bei Vontobel zum vorliegenden Zahlenkranz. Die ZKB schreibt von einem "weiterhin starken Rückenwind mit einer anhaltend hohen Konsumentennachfrage in Kombination mit Unsicherheitsfaktoren wie begrenzter Belly- und Container-Kapazität."

Was die Kurzfrist-Perspektiven anbelangt, so dürfte die derzeitige Unsicherheit laut ZKB die Frachtpreise im Schiffsverkehr auch im dritten Quartal hoch halten. Dabei werde Kühne+Nagel seinen Wettbewerbsvorteil wohl erneut ausspielen können, heisst es.

(AWP)