"Grundsätzlich sehe ich lieber leicht inflationäre Tendenzen als Deflation", sagte VR-Präsident Paul Bulcke in einem Interview mit der "Finanz und Wirtschaft" (online). Auf die Frage, ob es in einem solchen Umfeld für Nestlé auch einfacher werde, die Margen wieder auszubauen, meinte Bulcke: "Für mich ist Marge kein Ziel an sich." Sie sei vielmehr die Folge, wenn man das Richtige tue, Wert schaffe und wachse. "Wenn wir wachsen, beweisen wir, dass wir den Konsumenten verstehen, innovativ sind und die Marken richtig unterstützen", so der Präsident wörtlich. Nestlé sollte das Wachstum jedenfalls nicht zugunsten der Marge opfern.

Der aktuelle CEO Mark Schneider wird vom früheren CEO und seinem jetzigen Chef derweil gelobt. "Er hat unsere Evolution beschleunigt. Vieles hatten wir schon initiiert, aber wir haben an Tempo zugelegt, so etwa bei der Innovation." Nestlé ziehe mittlerweile die Wissenschaft bei der Produktentwicklung bei, gerade auch bei den pflanzenbasierten Produkten.

Zum Thema Akquisitionen - Nestlé hat bekanntlich in den letzten Jahren mehr als 85 Transaktionen abgewickelt und dabei viele Verkäufe getätigt - sagte Bulcke: "Wir hatten eine Liste mit möglichen Verkaufskandidaten, und auch die Preise waren gut. Das haben wir genutzt."

Mark Schneider habe darin sehr gut agiert. Es sei zwar noch nicht Schluss, aber der grösste Teil der Hausarbeit sei gemacht. "Wir brauchen nicht unbedingt Zukäufe, sind aber immer dafür offen." Jedenfalls nähmen die guten Übernahmeziele laufend ab. Nestlé habe immer schon zwei Drittel internes und ein Drittel externes Wachstum gehabt. "Das bleibt vorerst so."

Wachstum im digitalen Bereich

Wachstumspotential sieht Bulcke derweil noch bei den digitalen Verkäufen. Dort wolle der Konzern bis 2025 einen Umsatzanteil von einem Viertel erreichen, heute seien es rund 14 Prozent. Rund 50 Prozent der Marketingausgaben fliessen laut Bulcke in soziale Medien. Das werde auf 70 Prozent zunehmen. Daneben wolle Nestlé "die attraktiven Produktkategorien weiter ausbauen", etwa Kaffee, Heimtierpflege oder den Bereich Health Science. "Das sind alles Opportunitäten."

Der 68-jährige Bulcke erreicht in fünf Jahren die Alterslimite für den Verwaltungsrat. Ob er bis dahin im Amt bleiben wird, sagt er zwar nicht konkret, seine Antwort lässt aber darauf schliessen. "Wie alle Mitglieder des Verwaltungsrats muss ich mich als Präsident jedes Jahr zur Wiederwahl stellen. Das tue ich so lange, wie die Aktionäre, das Board und ich es für richtig halten", sagte er im Interview.

(AWP)