Ungeachtet aller Drohungen aus China traf die US-Spitzenpolitikerin Nancy Pelosi zu einem Besuch in Taiwan ein. Der Aufenthalt der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses ist für die demokratische Inselrepublik der ranghöchste Besuch aus den Vereinigten Staaten seit einem Vierteljahrhundert. Peking sieht Taiwan als Teil der Volksrepublik an. Offizielle Kontakte anderer Länder zu Taipeh lehnt es entschieden ab.
Noch vor der Landung Pelosis in Taipeh hatte Chinas Volksbefreiungsarmee die Drohkulisse mit Manövern, Schiessübungen, dem Einsatz von Militärflugzeugen und Kriegsschiffen nahe Taiwan erhöht und Seegebiete gesperrt. Laut dem Kapitalmarktstrategen Jürgen Molnar vom Handelshaus Robomarkets birgt das Treffen Pelosis mit der taiwanischen Regierung brandgefährlicher Zündstoff, militärische Schritte seien nicht ausgeschlossen. "Die Anleger müssten folglich einen weiteren geopolitischen Ausnahmezustand verarbeiten", mahnte der Experte.
Bei den Einzelwerten bewegen nach wie vor die Quartalsberichte der Unternehmen die Kurse. So legten die Aktien des Herstellers von Duft- und Aromastoffen Symrise nach einer höheren Umsatzprognose für dieses Jahr im Dax um gut ein Prozent zu.
Im MDax verloren die Papiere von Siemens Energy anderthalb Prozent. Zuvor hatte die Windkrafttochter Siemens Gamesa erneut die Ergebnisprognose für dieses Jahr gesenkt.
Die Anteilscheine von K+S zogen an der Spitze des MDax um rund sechs Prozent an. Hier rechnet die Baader Bank mit guten Quartalszahlen des Düngemittel- und Salzproduzenten in der kommenden Woche.
Im Nebenwerteindex SDax legten die Aktien des Anlagenbauers Krones nach optimistischen Aussagen zur Profitabilität um moderat zu. Die Anteilscheine des Maschinenbauers Pfeiffer Vacuum hingegen büssten rund sechs Prozent ein. Nach den Zahlen zum zweiten Quartal rechnet Analyst Armin Kremser von der DZ Bank mit einem schwierigen zweiten Halbjahr.
Nicht gefragt waren darüber hinaus auch Aktien, die stark vom privaten Konsum abhängen. So zählten Hellofresh , Adidas und Puma zu den grössten Verlierern im Dax mit Abschlägen von 1,0 bis 3,7 Prozent. Die Anteilscheine von Zalando büssten mehr als drei Prozent ein. Hier belastete ein Kommentar der US-Bank Morgan Stanley zu einem etwaigen Markteintritt des Online-Händlers in den USA.
Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,59 Prozent auf 3684,63 Punkte nach unten. Der französische Cac 40 geriet ähnlich deutlich unter Druck, wogegen der britische FTSE 100 fast unverändert schloss. In den USA notierte der Leitindex Dow Jones Industrial zum europäischen Börsenschluss leicht im Minus.
Der Euro gab angesichts der Spannungen um Taiwan nach. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0224 (Montag: 1,0233) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9781 (0,9772) Euro.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite deutscher Bundesanleihen von 0,72 Prozent am Vortag auf 0,60 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,61 Prozent auf 138,35 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,11 Prozent auf 158,21 Punkte./la/he
--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---
(AWP)