Für etwas Beruhigung sorgte am Freitag die Hoffnung, dass die Zinsen zumindest in Zukunft nicht mehr so stark steigen könnten. Denn der für die Geldpolitik in den USA wichtige Arbeitsmarkt zeigte sich im Februar mit einem hohen Stellenaufbau zwar weiter robust. Das Bild ist jedoch nicht eindeutig. So ist die Arbeitslosenquote überraschend gestiegen und der Anstieg der Stundenlöhne hat sich abgeschwächt. An den Märkten ist jetzt angesichts der Entwicklung der Quote und der Stundenlöhne offenbar die Erwartung gestiegen, dass die US-Notenbank am 22. März ihren Leitzins nur um 0,25 Prozentpunkte statt um 0,5 Prozentpunkte anheben könnte.

Doch bereits jetzt wird klar, welche fatalen Auswirkungen das schon hohe Zinsniveau haben kann. So wurde am Donnerstag bekannt, dass die Silicon Valley Bank, ein Finanzierer kleiner und mittlerer Tech- und Biotech-Unternehmen, zur Abfederung von Verlusten aus dem Portfolio eine Kapitalerhöhung in Milliardenhöhe benötigt.

Doch die Verhandlungen darum sind offenbar gescheitert: Am Freitag wurde die Silicon Valley Bank von der kalifornischen Behörde für Finanzschutz und Innovation geschlossen, zudem wurde ein Konkursverwalter eingesetzt.

Technologiefirmen leiden besonders unter den hohen Zinsen, weil sich dadurch ihre Refinanzierung erschwert. Zudem besteht die Gefahr, dass Kredite nicht mehr bedient werden können. Ein hohes Zinsniveau drückt zudem auf die Bewertung der Unternehmen, da in einem solchen Umfeld die für die Zukunft in Aussicht gestellten Gewinne aus heutiger Sicht weniger wert sind.

Die Papiere der angeschlagenen SVB Financial , der Muttergesellschaft der Silicon Valley Bank, waren am Freitag im vorbörslichen US-Handel zunächst um fast 70 Prozent eingebrochen, nachdem sie am Vortag bereits mehr als 60 Prozent eingebüsst hatten. Aktuell ist der Handel der Papiere ausgesetzt. Vor zwei Tagen kosteten die Aktien noch fast siebenmal soviel.

Momentan ist unter Experten noch umstritten, wie sehr die Probleme der Silicon Valley Bank tatsächlich auf die gesamte Branche ausstrahlen könnten. Die Nachrichten über den Risikokapitalgeber für junge Unternehmen hätten bei Investoren "mehr Fragen aufgeworfen als Antworten gegeben", schrieb Analyst Craig Erlam vom Handelshaus Oanda. Der Experte Jim Reid von der Deutschen Bank merkte an, dass sich die Probleme von SVB Financial schon eine Weile im Hintergrund zusammengebraut hätten, am Vortag dann aber regelrecht "explodiert" seien.

Für Analystin Erika Najarian von der Bank USB ist es zwar verständlich, dass sich die Anleger nun von Bankaktien getrennt haben, zumal bereits zuvor mit dem US-Finanzkonzern Silvergate Capital ein Schwergewicht aus dem kriselnden Markt für Digitalwährungen seine freiwillige Abwicklung beschlossen hatte. Es werde jetzt halt die Spreu vom Weizen getrennt. Das Ausmass des Kurssturzes am Donnerstag aber könnte übertrieben gewesen sein.

Denn laut Najarian stellt sich die Frage, warum Anleger auch die Aktien jener Banken bestrafen sollten, die über stabile Giroeinlagen von Privatkunden verfügten. In einer Zeit, in der Finanzierung und Liquidität zu den wichtigsten Anliegen gehörten, seien Geschäftsbanken und insbesondere JPMorgan der beste Ort, um sich als bankaffiner Anleger vor den Problemen der Branche zu "verstecken". Die Papiere dieser Bank stemmten sich denn auch am Freitag gegen den schwachen Branchentrend und stiegen um mehr als zwei Prozent./la/he

(AWP)