Am Montagmorgen notiert der Euro mit 0,95825 Franken so tief wie noch nie. Seit der unerwarteten Zinserhöhung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) Mitte Juni hat der Euro mehr als sieben Prozent verloren.

Euroschwäche vs. Dollarstärke

Ein Grossteil der Euroschwäche ist der Stärke des US-Dollar geschuldet. Denn dieser wird von der Aussicht auf weitere rigide Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed und von einer robusten Konjunktur gestützt. Zum Franken bewegt sich der Dollar in einer engen Spanne um 0,9590 Franken.

Gegen den Euro sprechen neben dem Ukrainekrieg, die drohende Energiekrise und die sehr wahrscheinliche Rezession in der Eurozone. Dazu kommt ein Mangel an Vertrauen in die Europäische Zentralbank (EZB). Diese bekämpfe die Inflation zu zögerlich, heisst es am Markt.

Mangelndes Vertrauen in EZB

Für Thomas Stucki, Anlagestratege der St. Galler Kantonalbank, ist der Hauptgrund für die Euroschwäche vor allem das mangelnden Vertrauen in die Eurozone. Die anstehenden Zinserhöhungen der EZB könnten dem Euro kurzfristig zwar etwas Rückenwind verleihen. Doch das Konstrukt der Eurozone sei instabil, solange die strukturellen Unterschiede zwischen den Euroländern so gross seien, schreibt Stucki in seinen "Investment News" vom Montag.

Der Franken profitiere dagegen von der im Vergleich zu Europa und den USA viel geringeren Inflation, einer gut laufenden Wirtschaft und seiner Rolle als sicherer Hafen. Dazu komme, dass die SNB entschlossen sei, die Inflation zu bekämpfen, kommentiert die Bank Syz in ihrem "Brennpunkt". Und dies obwohl die Inflation mit 3,4 Prozent in der Schweiz viel geringer ist als in der Eurozone mit rund neun Prozent.

Die SNB verfolge also ein strengeres Inflationsziel als ihre internationalen Pendants, schreibt die SYZ. "Dies ist einer der Gründe für den Ruf des Schweizer Frankens als sicherer Hafen und es ist wahrscheinlich der Grund, warum der Schweizer Franken in Zeiten hoher globaler Inflation tendenziell aufwertet."

Erholung des Euro möglich?

Nach dem starken Kursrutsch des Euro zum Franken würde eine Gegenreaktion zwar nicht überraschen, sagt Stucki. Mittel- und langfristig werde der Euro aber im Trend gegenüber dem Franken an Wert verlieren, heisst es passenderweise auch hier.

Solange die Inflation in der Schweiz so hoch sei wie jetzt und solange die Aufwertung des Frankens geordnet und in einem überschaubaren Rahmen stattfinde, werde die Nationalbank dies aber zulassen. "Wo die SNB die Grenze zum Eingreifen sieht, wissen wir nicht."

Immerhin könnte dem Euro aber helfen, dass im Gegensatz zur Schweiz viele schlechte Nachrichten aus der Eurozone bereits eingepreist seien. Daher könnten hiesige Konjunkturzahlen die Markterwartungen enttäuschen. Dies könnte dem Euro zu einer Stabilisierung verhelfen, so wiederum die Bank Syz.

pre/kw

(AWP)