Q2 2020E
(in Mio Fr.)        AWP-Konsens    Q1 20A   Q2 19A   

Geschäftsertrag        5'618        5'776    5'581      
Geschäftsaufwand       4'166        4'007    4'254    
Reinergebnis             675        1'314      937    

Gewinn vor Steuern     1'026        1'201    1'302   
 - Swiss UB              430          589      654     
 - IWM                   348          537      444     
 - APAC                  161          252      237    
 - Global Markets        375          342      357     
 - IBCM                 -128         -392        6    

FOKUS: Nachdem die Bank im ersten Quartal trotz Rückstellungen und Wertberichtigungen von gut einer Milliarde Franken dank positiven Sondereffekten ein deutlich höheres Ergebnis als im Vorjahr erzielt hat, geht die Mehrheit der Analysten für das zweite Quartal nun von klar rückläufigen Erträgen und einem ebenso tieferen Gewinn aus. Allerdings gehen die einzelnen Schätzungen wegen der hohen Unsicherheit weit auseinander.

Die hiesige Konkurrentin UBS - die bereits vergangene Woche berichtete - hat im zweiten Quartal wegen hoher Rückstellungen wegen Corona etwas weniger verdient als im Vorjahr, die Erwartungen des Marktes allerdings klar übertroffen.

Ein starker Fokus liegt auch bei der Credit Suisse auf möglichen weiteren Rückstellungen, nachdem die Bank selbst weitere "Reserven" in den kommenden Quartalen bereits in Aussicht gestellt hat. Auch wenn nicht eins zu eins vergleichbar: Die UBS verbuchte im zweiten Quartal in etwa gleich hohe Wertberichtigungen wie im Vorquartal. Die Wertberichtigungen für Kreditverluste dürften auch im zweiten Semester hoch bleiben, sollen laut UBS-Management dann aber geringer ausfallen als in den ersten sechs Monaten 2020.

Ein gutes Zeichen aus Marktsicht wären ähnliche Aussagen auch bei der Credit Suisse, wonach im zweiten Quartal bereits der Höhepunkt erreicht wurde. Ohnehin dürften Aussagen mit Blick in die weitere Zukunft entscheidend sein.

Konzernchef Thomas Gottstein hatte sich im Juni an einer Anlegerkonferenz vorsichtig optimistisch zum laufenden Geschäftsgang geäussert: "In der zweiten März-Hälfte hatten wir eindeutig viel Stress im System, aber im April beruhigten sich die Dinge eindeutig, und im Mai und Juni sind sie weiterhin recht robust." Die Firmenkunden zeigten Appetit, sich zu refinanzieren und an den Kapitalmärkten zeige sich eine Belebung, sagte zudem Finanzchef David Mathers. Im Geschäft mit reichen Privatkunden seien die wegen der tieferen Vermögenswerte gesunkenen Erträge durch die höheren Transaktionseinnahmen mehr als ausgeglichen worden.

Nichtsdestotrotz wird die gegenwärtige Situation sowohl das Kapitalpolster als auch die Profitabilität belasten. Wie stark die Effekte der Krise auf die für die CS als Zielgrösse zentrale Rendite im laufenden Jahr sein werden, sei aber noch nicht abschätzbar, hiess es zuletzt Anfang Mai.

Insgesamt hatte sich die Bank bereits überzeugt gezeigt, auch trotz der Krise "solide" Finanzergebnisse zu erzielen. Die Bank geht nicht davon aus, im Gesamtjahr in die roten Zahlen zu rutschen: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die zweite Dividende wie angekündigt auszahlen und keine Verluste einfahren werden", sagte CEO Gottstein in einem Zeitungsinterview im Mai.

Angesichts der schwierigen Situation dürften aber die Kosten wieder mehr in den Vordergrund rücken. Für das laufende Jahr rechnet das Management mit Kosten von rund 16 Milliarden Franken, wie es hiess. Die Investoren dürften sich fragen, wie sich diese im zweiten Quartal entwickelt haben. Gemäss Medienberichten und Spekulationen am Markt stehen zudem ein mögliches neues Kostenprogramm sowie eine Reorganisation bei der Bank zur Debatte.

Hunderte Jobs stünden auf der Kippe, schrieb etwa die "Sonntagszeitung" vor einigen Wochen unter Berufung auf Insider. Das Netz der 120 Geschäftsstellen in der Schweiz soll weiter gestrafft werden, und die Zusammenlegung der Bereiche Risk und Compliance werde geprüft. Diese Bereiche wurden massiv ausgebaut, nun gebe es eine Reihe Doppelspurigkeiten.

Der seit Februar amtierende Gottstein prüfe zudem, ob die Aufteilung des Investment Bankings in zwei Divisionen wieder rückgängig gemacht werden soll. Sein Vorgänger Tidjane Thiam hatte den Aktien- und Anleihenhandel ("Global Markets") und die Beratung für Fusionen und Übernahmen ("Investment Banking & Capital Markets") getrennt.

ZIELE: Die ursprünglichen Ziele bestätigte die Credit Suisse zuletzt Mitte Februar. Diese wurden aber teilweise bereits infrage gestellt respektive wird eine Verzögerung erwartet. Ex ante Corona hatte sich die Bank folgende Ziele auf die Fahne geschrieben:

. Rendite auf dem materiellem Eigenkapital (RoTE):
  mindestens 10% für 2020; >12% mittelfristig (2019: 8,7%; Q1: 13,1%)

- An der für 2020 angestrebten Rendite wird nun 
  lediglich noch mittelfristig festgehalten.


. Kapitalquoten 2020: 
  - Harte CET1-Kernkapitalquote >12,5% (Q1: 12,1%)
  - CET1 Leverage Ratio >3,5% (Q1: 4,2%)

- Im April sagte CFO Mathers, er rechne im laufenden Jahr neu
  mit einer harten CET1-Kernkapitalquote von rund 11,5%.


. Kapitalmanagement:
  - Jeweils mindestens 50% des Reingewinns an die Investoren zurückführen
  - Anstieg der ordentliche Dividende um mindestens 5%
  - Aktienrückkauf von bis zu 1,5 Mrd Fr. für 2020 bewilligt

- Die für das vergangene Jahr vorgesehene Barausschüttung von 0,2776 Fr./Aktie 
  wurde zweigeteilt. 0,1388 Fr. sind bereits ausgezahlt, und abhängig vom 
  Umfeld soll dann eine ausserordentliche Versammlung der Aktionäre 
  im Herbst über die zweite Hälfte befinden.

- Der Aktienrückkauf ist aktuell mindestens bis zum dritten Quartal ausgesetzt. 
  Zuvor waren eigene Titel im Wert von 325 Millionen erstanden.

PRO MEMORIA: Die Credit Suisse hat 15'400 Corona-Kredite im Gesamtvolumen von 2,8 Milliarden Franken ausgesprochen, wie es zuletzt Anfang Juni hiess. Für insgesamt 2,2 Milliarden Franken gingen Kredite bis 500'000 Franken an kleinere Firmen, die vom Bund zu 100 Prozent garantiert sind. Weitere rund 600 Millionen Franken machten Kredite aus, die zu 85 Prozent vom Bund garantiert sind. Hier beträgt das Ausfallrisiko für die Bank 15 Prozent.

Die Banken verdient zwar nicht direkt an diesen Krediten, jedoch ist ein indirekter Effekt möglich - nämlich, dass es weniger Konkurse gibt.

Die Grossbank peilt derweil einen weiteren Ausbau des Geschäfts in China an. Der Anteil am Gemeinschaftsunternehmen Credit Suisse Founder Securities (CSFS), das im Handel und der Platzierung von Wertpapieren aktiv ist, soll vollständig übernommen werden. Anfang Juni hatte die CS ihre Beteiligung an der zusammen mit der chinesischen Founder Securities betriebenen Gesellschaft auf 51 Prozent aufgestockt. Trotz des vom chinesischen Parlament verabschiedeten Sicherheitsgesetzes, das die Autonomie der Sonderverwaltungszone beschneidet, soll sich auch nichts an der Präsenz in Hongkong ändern.

Zudem will die Bank auch in Brasilien das Geschäft ausbauen. Es sollen bis zu 35 Prozent an der brasilianischen Digitalbank Modalmais übernommen werden.

2021 erhält die Bank ausserdem eine neue Kommunikationschefin: Christine Graeff - zuvor bei der EZB für die Kommunikation verantwortlich - wird zur neuen "Group Head Corporate Communications" und soll auch gleichzeitig Stellvertreterin der Personalchefin werden. Im Zuge der Beschattungsaffäre hatte der frühere Kommunikationschef Adam Gishen die Bank gemeinsam mit Thiam verlassen.

Ende Mai erhöhte derweil die Ratingagentur Fitch den Ausblick für das CS-Rating "A-" auf "stabil", während S&P das "A+"-Rating mit stabilem Ausblick bekräftigte. Angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie gerate die Qualität der Aktiva und die Kapitalisierung der Bank im laufenden und kommenden Jahr zwar unter Druck, eine nachhaltige Verschlechterung sei aber nicht zu erwarten, hiess es von Fitch. Und: Zwar dürfte der Bank etwa bei der Gewinnentwicklung ein stärkerer Wind entgegenblasen als bislang gedacht, die Kapitalbasis sollte sich nicht zuletzt dank des Kapitalpuffers aber dennoch vergleichsweise robust zeigen, hiess es von S&P.

AKTIENKURS: Credit Suisse waren im Zuge der Corona-Verwerfungen auf fast 6 Franken gefallen: Das Tief wurde am 17. März bei 6,18 Franken markiert. Mittlerweile haben die Titel sich erholt, zwischenzeitlich sogar wieder auf klar über 10 Franken. Aktuell notieren sie bei 9,79 Franken (Stand Dienstag 13.00 Uhr). 2020 verlieren sie somit bis dato immer noch 25 Prozent. Bei der UBS beträgt das Minus im gleichen Zeitraum knapp 8 Prozent.

Homepage: www.credit-suisse.com

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(AWP)