Der lang ersehnte Wendepunkt bei den Zinsen werde es den Schweizer Banken ermöglichen, in dem für sie zentralen Zinsdifferenzgeschäft die Margen nun wieder nachhaltig zu verbessern, hält das Beratungsunternehmen EY in ihrer am Dienstag veröffentlichten Studie fest. Die Zinsmargen der hiesigen Bankinstitute waren zwischen 2008 und 2021 kontinuierlich gesunken.

In der vergangenen November bei 100 Banken durchgeführten Umfrage von EY erwarteten dagegen rekordhohe 98 Prozent der befragten Institute längerfristig - also auf drei Jahre und mehr - eine positive Geschäftsentwicklung. Im Vorjahr waren es noch 86 Prozent gewesen. Die Verbesserung der Zinsmargen werde in der langen Frist zu vielen positiven Auswirkungen führen, sagte EY-Partner Patrick Schwaller bei der Präsentation der Studie in Zürich.

Resiliente Banken

Kurzfristig haben die anziehenden Zinsen allerdings auch negative Folgen. In der Umfrage gingen nun schon 31 Prozent der befragten Banken von höheren Wertberichtigungen bei Wohnbauhypotheken aus (Vorjahr 12%). Im Geschäft mit den KMU-Krediten rechneten gar 59 Prozent mit einem deutlich höheren Risikovorsorgebedarf (VJ 36%). Insgesamt sei dies aber als "Normalisierung" zu werten, so die Autoren des EY-Bankenbarometers.

Hinsichtlich des kurzfristigen Ausblicks fiel der "Optimismusbarometer" der Banken in der Folge auf noch 78 Prozent zurück nach 87 Prozent im Vorjahr. Verhaltener zeigten sich vor allem die Vermögensverwaltungsbanken, die unter der Börsenbaisse und dem damit verbundenen Rückgang der verwalteten Vermögen zu leiden haben.

Insgesamt zeige sich die Branche jedoch trotz Ende des Negativzinsregimes und den weiteren politischen und wirtschaftlichen Turbulenzen mit dem Ukraine-Krieg oder der gestiegenen Inflationsrate "bemerkenswert resilient", so EY. Für das abgeschlossene Jahr 2022 sahen drei Viertel der Banken in der Umfrage eine positive Gewinnentwicklung (VJ 86%).

Gefahr einer Rezession

Als wichtigsten Gefahrenherd für die Finanzbranche machten die Institute eine globale Rezession aus: Rund 57 Prozent äusserte Befürchtungen über einen Einbruch der Wirtschaft (VJ 26%), 23 Prozent nannten zudem eine Stagflation als Bedrohung. Auch das Thema geopolitischer Bedrohungen rückte in der Gefahrenliste weit nach oben.

Dagegen zeigten sich die Banken weniger beunruhigt bezüglich einer Immobilienmarktkrise als noch vor Jahresfrist - noch 23 Prozent sahen ein solches Szenario als eine Bedrohung an (VJ 45%).

Die Wachstumsabschwächung und die schwachen Finanzmärkte haben bei den Banken offenbar auch das Bewusstsein für die Themen Kostensenkung und Effizienzsteigerung geweckt - gut ein Drittel wollen dieses Thema priorisieren (VJ 19%). Den Fokus auf weiteres Wachstum legen aber noch immer 40 Prozent der befragten Banken (VJ 60%).

Deutlicher Fachkräftemangel

Auch in der Bankbranche macht sich derweil der Fachkräftemangel deutlich bemerkbar. Entsprechend ist das Thema der Rekrutierung und der Entwicklung von Mitarbeitenden in der Prioritätenliste der befragten Banken deutlich nach oben gerutscht.

Im Kampf um Talente gehe es dabei nicht mehr um gute Bezahlung, wie auch die Banken realisiert hätten, sagte EY-Partnerin Isabelle Staiger: Gerade junge Mitarbeitende legten mehr Wert auf eine nachhaltige Unternehmenskultur.

tp/ys

(AWP)