Verfestige sich die Inflation auf hohem Niveau, steige das Risiko, dass eine geldpolitische Reaktion, die in einem Umfeld niedriger Inflationsraten genügt hätte, nicht mehr ausreiche. "Die europäische Geldpolitik muss handeln - und sie handelt", sagte Nagel, der im EZB-Rat über die Geldpolitik für den gemeinsamen Währungsraum mitentscheidet. "Auch weitere Zinsschritte sollten wir aus Furcht vor einer möglichen Rezession nicht hinauszögern."

Die Euro-Währungshüter hatten im Juli erstmals seit elf Jahren die Zinsen im Euroraum wieder angehoben. Die nächste EZB-Sitzung ist für den 8. September anberaumt. Volkswirte rechnen damit, dass die Notenbank dann eine weitere kräftige Zinserhöhung beschliessen wird.

Allerdings gibt es unter den Währungshütern auch Sorgen, mit einer zu schnellen Normalisierung der zuvor jahrelang ultralockeren Geldpolitik die Konjunktur zu bremsen, die bereits mit Lieferengpässen und den Folgen des Ukraine-Krieges etwa auf dem Energiemarkt zu schaffen hat.

Die EZB strebt für den Euroraum ein stabiles Preisniveau bei einer jährlichen Teuerungsrate von zwei Prozent an. Seit Monaten liegt die Inflation sowohl im Euroraum als auch in Europas grösster Volkswirtschaft Deutschland weit darüber. Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern, weil sie sich für einen Euro dann weniger leisten können.

"Insgesamt gilt: Je länger die Inflation hoch bleibt, desto höher ist das Risiko, dass sich die Inflationsdynamik und auch die Inflationserwartungen in der mittleren Frist auf hohem Niveau verfestigen", bekräftigte Nagel. Das Eurosystem sollte "Zweifel an seiner Entschlossenheit beim Kampf gegen die Inflation (...) gar nicht erst aufkommen lassen", mahnte der Bundesbank-Präsident./ben/DP/jsl

(AWP)