Der Hauptangeklagte kommt mit der von seinem Verteidiger beantragten Strafe davon. Zwölf Monate der Gesamtstrafe muss er absitzen.

Ob der 56-jährige Angeklagte diesen Teil in Halbgefangenschaft verbüssen kann, wie dies sein Anwalt gefordert hatte, kann das Gericht nicht bestimmen. Darüber entscheidet die Vollzugsbehörde im Kanton Zürich.

Ein Teil der verübten Taten sind gemäss Urteil des Bundesstrafgerichts verjährt. Nur im Punkt der Urkundenfälschung sprach das Gericht den Hauptangeklagten frei. Schuldig sprach es den ehemaligen SBB-Mitarbeiter des Betrugs und des gewerbsmässigen Betrugs, der mehrfachen ungetreuen Amtsführung, der Geldwäscherei und weiterer Delikte.

Goodies gegen Aufträge

Zu einer bedingten Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu 1300 Franken wurde der Hauptaktionär einer Firma verurteilt, die vom Hauptangeklagten gegen Gewährung von Vorteilen Aufträge erhalten hatte. Das Bundesstrafgericht erklärte den Geschäftsmann der mehrfachen Bestechung, der mehrfachen Vorteilsgewährung und des mehrfachen Betrugs für schuldig.

Ein weiterer Aktionär des gleichen Unternehmens wurde ebenfalls wegen mehrfacher Bestechung und mehrfacher Gehilfenschaft zum Betrug zu einer bedingten Geldstrafe von 240 Tagessätzen à 550 Franken verurteilt.

"Funktioneller Beamte"

Das Bundesstrafgericht erläuterte bei der Urteilsverkündung, dass es sich beim Hauptangeklagten um einen funktionellen Beamten handelte. Diesen Punkt hatten die Verteidiger der anderen Angeklagten angezweifelt. Erst die Beamtenstellung begründet überhaupt die Strafbarkeit gewisser Taten.

Zum Hauptangeklagten hielt der vorsitzende Richter fest, dass dieser über eine sehr lange Zeit delinquiert habe und die Deliktsumme entsprechend hoch sei. Der Angeklagte habe den Ausstieg nicht von sich aus geschafft, sei aber froh gewesen, als die ganze Sache vorbei gewesen sei.

Das Gericht habe sich bei seinem Urteil stark von der Kooperation des ehemaligen SBB-Angestellten leiten lassen. Ohne seine Mitarbeit hätte die Bundespolizei wahrscheinlich nicht alles aufklären können.

Die Bundesanwaltschaft (BA) ist mit den Urteilen weitgehend zufrieden, weil sie annähernd der von ihr beantragten Strafen entsprechen, erklärte André Marty, Medienverantwortlicher der BA. Die Bundesanwaltschaft hatte für den Hauptangeklagten eine Freiheitsstrafe von vier Jahren gefordert, verbunden mit einer Geldstrafe.

Bei den Geschäftsmännern hatte sie bei zwei der Angeklagten bedingte Freiheitsstrafen von 20 beziehungsweise 15 Monaten, verbunden mit unbedingten Geldstrafen beantragt.

Lange Vorgeschichte

Der Hauptangeklagte vergab als Projektleiter bei den SBB über zehn Jahre lang Aufträge an zwei Firmen eines Freundes. Diese Arbeiten wurden nur zum Teil oder gar nicht erledigt. Auf diese Art und Weise erwirtschafteten die beiden Männer fast 4 Millionen Franken, die sie sich hälftig teilten.

Nachdem der Freund 2011 verstarb, half dessen Ehefrau mit, das bestehende System am Laufen zu halten. Im Frühling 2014 wurde der Hauptangeklagte festgenommen und verbrachte einen Monat in Untersuchungshaft.

Mit den ebenfalls angeklagten Geschäftsmännern hatte der ehemalige SBB-Angestellte die Abmachung, dass er ihnen immer wieder freihändige Aufträge zuspielt. Im Gegenzug konnte er bei der Firma Unterhaltungselektronik und andere Geräte bestellen.

Das Geld dafür hatten die SBB bezahlt, und das ging so: Der Angestellte liess die involvierte Firma jeweils offerieren. Dann liess er die Firma wissen, wie viel die SBB für einen Auftrag budgetiert hatten, so dass das Unternehmen den Preis gegen oben anpassen konnte.

Schwarze Kasse

Mit der Differenz wurde eine schwarze Kasse geführt, aus der die Bestellungen des Hauptangeklagten bei der Firma bezahlt wurden. Während die BA davon ausgeht, dass Unterhaltungselektronik für rund 380'000 Franken über diese Kasse bestellt wurden, geht das Bundesstrafgericht von rund 80'000 Franken aus. Der Hauptangeklagte hat gegenüber den SBB eine Schuld von einer Million Franken anerkannt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann ans Bundesgericht weitergezogen werden. (Fall SK.2017.47)

(AWP)