Der als Referenz geltende Terminkontrakt TTF an der Energiebörse in den Niederlanden lag am Montagvormittag bei 72,75 Euro pro Megawattstunde für Lieferungen im Februar. Das war der niedrigste Stand seit dem 21. Februar 2022.

Der Gaspreis war ab Herbst 2021 und dem Beginn der Drosselung russischer Gaslieferungen nach Europa gestiegen. Ab dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar legte er dann sprungartig weiter zu. Am 7. März erreichte der TTF seinen bisherigen Höchststand von 345 Euro pro Megawattstunde. Ende August lag der Preis fast genauso hoch, bei etwas über 342 Euro.

Weniger Gas für Schweiz und EU

Russland verkaufte im vergangenen Jahr 55 Prozent weniger Gas an die EU und die Schweiz, wie der staatliche Konzern Gazprom am Montag mitteilte. Der Experte Thierry Bros vom Institut für politische Wissenschaften in Paris schätzt, dass die Menge von 138 Milliarden Kubikmeter 2021 auf 62 Milliarden Kubikmeter 2022 zurückging.

Die Europäer haben aber vorgesorgt: Die Speicher in Deutschland etwa sind aktuell noch zu 90 Prozent gefüllt, die in Frankreich zu 84 Prozent, wie aus Daten des Portals Gas Infrastructure Europe (GIE) hervorgeht. Europa profitierte auch vom ungewöhnlich milden Wetter im Herbst. Die aktuellen Preise seien "eine gute Nachricht für die europäischen Staaten und die Volkswirtschaften der Region", sagte der Experte Sebastian Paris Horvitz.

Bros mahnte aber zur Vorsicht mit Blick auf die kommenden Monate. "Alles hängt von den Entscheidungen Wladimir Putins ab." Der russische Präsident könnte den Gashahn noch weiter zudrehen, er könnte aber auch einigen Ländern - etwa Deutschland oder Italien - wieder mehr Gas liefern, in der Hoffnung, Europa zu spalten, sagte der Experte.

Preise könnten wieder steigen

Bros' Berechnungen zufolge braucht Europa mindestens 30 Milliarden Kubikmeter russisches Gas, um seine Speicher für den nächsten Winter wieder zu füllen. Wenn dieses Gas nicht geliefert werde, "dann werden die Preise wahrscheinlich wieder steigen".

Das könnte auch schon eher der Fall sein, warnte Nicolas de Warren, Vorsitzender des Verbands energieintensiver Unternehmen in Frankreich - dann nämlich, wenn es Ende Januar eine Kältewelle gibt. De Warren gab auch zu bedenken, dass die Nachfrage nach Flüssiggas (LNG) weltweit hoch ist und in Asien derzeit mehr gezahlt werde als in Europa. Er warb für "langfristige Verträge" mit Exportländern wie Norwegen, Katar, Nigeria und eventuell auch dem Irak.

(AWP)