Lob aus Kiew für "historischen" EU-Beschluss

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj lobte den EU-Beschluss als "einzigartigen und historischen Moment" in den Beziehungen seines Landes zu Europa. "Die Zukunft der Ukraine liegt in der EU", schrieb er auf Twitter.

In Brüssel beschlossen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Kollegen ausserdem, auch Moldau in den Kreis der Bewerberländer aufzunehmen. Scholz gratulierte via Twitter und schrieb: "Auf gute Zusammenarbeit in der europäischen Familie!" Er hatte zum Gipfelauftakt ebenfalls von einem "historischen" Treffen gesprochen, aber auch Reformen der EU selbst angemahnt, um die Aufnahme neuer Mitglieder zu erleichtern. Dazu gehöre, das Prinzip der Einstimmigkeit für einige Entscheidungen aufzuheben.

Gasversorgung noch gewährleistet

Wirtschaftsminister Habeck sagte: "Gas ist von nun an ein knappes Gut in Deutschland." Zurzeit sei die Versorgungssicherheit aber gewährleistet. Er rief unter anderem dazu auf, Heizungsanlagen warten zu lassen. Dadurch seien Einsparungen von 15 Prozent möglich.

Russlands staatlicher Energieriese Gazprom hat die Gaslieferungen nach Deutschland seit rund einer Woche von maximal 167 Millionen Kubikmeter pro Tag auf 67 Millionen Kubikmeter reduziert. Moskaus Darstellung zufolge sind daran Sanktionen schuld, die der Westen als Reaktion auf Russlands Angriff verhängt hat.

Ukrainer bei Lyssytschansk eingekesselt

Zum Ziel der verstärkten russischen Angriffe im Osten entwickelt sich immer mehr die strategisch wichtige Stadt Lyssytschansk im Gebiet Luhansk. Russische Truppen drangen nach ukrainischen Angaben bis an den Stadtrand vor. Weiter hiess es am Abend im Lagebericht des Generalstabs in Kiew, die russische Armee ziehe nun Reserven heran. Umkämpft sei auch die östlich des Flusses Siwerskyj Donez gelegene Siedlung Boriwske.

Am Morgen war bekannt geworden, dass im Süden Lyssytschansks eine ukrainische Gruppierung in den Ortschaften Solote und Hirske eingekesselt ist. Am Abend teilte das ukrainische Militär mit, dass die russischen Truppen Hirske inzwischen teilweise erobert hätten. Dem Bericht zufolge konnten sie den Kessel komplett schliessen.

Schwere Kämpfe toben auch südlich des weitgehend von Russen eroberten Sjewjerodonezks. Sjewjerodonezk und Lyssytschansk sind die letzten noch unter ukrainischer Kontrolle stehenden grösseren Städte im Luhansker Gebiet.

UN-Chef könnte Getreide-Deal ins Trockene bringen

Die Verhandlungen zum Durchbrechen der russischen Getreide-Blockade machen offenbar Fortschritte: UN-Sicherheitsratskreise bestätigten der Deutschen Presse-Agentur die Möglichkeit eines Treffens der Konfliktparteien zusammen mit UN-Generalsekretär António Guterres in der Türkei - womöglich schon kommende Woche.

Die Ukraine beklagt, dass die russische Kriegsmarine ihre Häfen am Schwarzen Meer blockiere. Beide Länder gehören zu den grössten Weizenexporteuren und spielen eine wichtige Rolle für die Ernährungssicherheit in der Welt. Die Vereinten Nationen warnen bereits vor der grössten Hungersnot seit Jahrzehnten.

Ungeachtet von Krieg und teurem Dünger fällt aber die Weltgetreideernte in diesem Jahr nach UN-Schätzung nur unwesentlich geringer aus als 2021. Bislang erwartet werden 2,785 Milliarden Tonnen, das wären lediglich rund 23 Millionen Tonnen weniger als im vorangegangenen Wirtschaftsjahr, sagte Josef Schmidhuber, Ökonom bei der UN-Agrarorganisation FAO.

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef warnte dennoch, dass die Zahl der von akuter schwerer Mangelernährung bedrohten Kinder stark steigt. Fast acht Millionen Kinder unter fünf Jahren in 15 Krisenländern seien dadurch vom Tod bedroht, teilte Unicef Deutschland mit.

Moskau bekräftigt Kriegsziele

Mit Blick auf mögliche Verhandlungen besteht der Kreml auf all seinen Forderungen. Ein Friedensplan sei möglich, aber erst wenn Kiew alle Forderungen erfüllt habe, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge, ohne Details zu nennen. Öffentlich geäusserte Forderungen Moskaus sind etwa eine Anerkennung der ostukrainischen Separatistengebiete Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten sowie der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisches Staatsgebiet. Selenskyj wiederum hatte kürzlich die Rückeroberung der Krim und der seit Ende Februar besetzten Gebiete als Ziel Kiews formuliert.

Erst deutsche Haubitzen, nun amerikanische Raketenwerfer

Für ihren Abwehrkampf erhielt die Ukraine nach deutschen Haubitzen jetzt auch US-amerikanische Raketenwerfersysteme des Typs HIMARS. Die Ukraine ist aufgrund aufgebrauchter und zerstörter Reserven und mangels eigener Rüstungskapazitäten inzwischen abhängig von westlichen Waffenlieferungen./toz/DP/mis

(AWP)