Im Monatsvergleich stiegen die Verbraucherpreise im April um 1,2 Prozent, wie es weiter in der Mitteilung hiess. Hier hatten Experten mit einem Rückgang der Teuerung auf 0,7 Prozent gerechnet.

Nach Angaben der Statistikbehörde ist der Abschwächung der Inflation zu einem grossen Teil auf Kosten für Strom und Gas zurückzuführen, die im Jahresvergleich spürbar günstiger waren. Dagegen sind die Kosten für Nahrungsmittel im April weiterhin stark im Jahresvergleich gestiegen und übten erheblichen Auftrieb bei der allgemeinen Preisentwicklung aus.

Der Rückgang der Teuerungsraten ist aktuell in vielen Ländern zu beobachten. Bislang erwies sich die Inflation in Grossbritannien aber als hartnäckig.

Dies zeigt auch ein Blick auf die weniger schwankende Kerninflation, also die Teuerung abzüglich preisvolatiler Güter wie Energie oder Lebensmittel. In dieser Betrachtungsweise ergab sich überraschenderweise ein Anstieg im Jahresvergleich um 6,8 Prozent. Analysten hatten hier mit einem unveränderten Wert in Höhe von 6,2 Prozent gerechnet.

Der unerwartete Anstieg der Kerninflation sei wohl von einer breiten Palette von Dienstleistungspreisen ausgegangen, insbesondere von den Versicherungsprämien, die weiterhin sehr schnell anstiegen, schrieb Analyst Samuel Tombs von Pantheon Macroeconomics. Zudem sei die Inflation bei Nahrungsmitteln lediglich auf 19,0 Prozent gesunken, verglichen mit 19,1 Prozent im März. Dies dürfte die Bank of England beunruhigen, da die Inflationserwartungen der Haushalte empfindlich auf Veränderungen der Lebensmittelpreise reagierten.

Im vergangenen Herbst war die britische Inflation mit 11,1 Prozent auf den höchsten Stand seit mehr als vier Jahrzehnten gestiegen. Die Notenbank des Landes hat sich bereits mit kräftigen Zinsanhebungen gegen die Entwicklung gestemmt. Eine weitere Anhebung des Leitzinses von 4,50 Prozent auf 4,75 Prozent auf der nächsten Notenbank-Sitzung am 22. Juni sei nun fest eingeplant, fuhr Tombs fort.

Marktanalyst Craig Erlam vom Handelshaus Oanda äusserte sich ähnlich: "Der Bank of England wird es sehr schwerfallen, eine Beibehaltung der Zinssätze im Juni zu rechtfertigen", sagte der Experte. Generell dürften die Notenbanker kaum eine andere Wahl haben, als die Zinssätze wieder zu erhöhen, wenn es in den kommenden Monaten keine dramatische Verbesserung der Kernrate gebe. Das Risiko, dass sich die Inflation verfestigt, habe in letzter Zeit stark zugenommen, und das müsse die Notenbank des Landes ein wenig nervös machen.

Auch an den Finanzmärkten setzte sich die Auffassung durch, dass die Bank of England ihre Geldpolitik wohl weiter strafft. Wie sich aus speziellen Terminkontrakten am Geldmarkt ablesen lässt, rechnen die Marktteilnehmer damit, dass der Zinsgipfel erst bei 5,5 Prozent erreicht sein dürfte.

Vor diesem Hintergrund zog das britische Pfund gegenüber fast allen anderen wichtigen Währungen an. Höhere Zinsen stützen in der Regel eine Währung. Zudem stiegen die Renditen britischer Staatsanleihen deutlich./la/jkr

(AWP)