Christian Lips, Chefvolkswirt Nord/LB

"Mit dem Beschluss, die Leitzinsen nur um 50 Basispunkte anzuheben, befindet sich die EZB nach den Entscheidungen der Fed, der Schweizerischen Nationalbank und der Bank of England in guter Gesellschaft. (...) Die aktualisierten Projektionen sehen den Inflationsdruck nun als noch hartnäckiger und langwieriger an, weshalb die EZB einen sehr hawkishen Ausblick gegeben hat. Demnach müssten die Zinsen 'noch deutlich und in einem gleichmässigen Tempo steigen', um eine zeitnahe Rückkehr zum Stabilitätsziel zu erreichen. Die Tempoverlangsamung darf somit nicht missverstanden werden als baldiges Ende der Zinserhöhungen. Bei den Leitzinsen hat die EZB das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht!"

Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank

"Zwar hat die EZB heute das Tempo ihrer Zinserhöhungen wie erwartet auf 0,50 Prozentpunkte abgeschwächt. Aber mit Blick auf die künftige Zinspolitik hat sich die EZB deutlich entschlossener gezeigt als bisher und stellt nun 'signifikante' Zinserhöhungen in Aussicht. Wir erhöhen unsere Leitzinsprognose etwas und erwarten nun für das Frühjahr einen Einlagensatz von 3,25 Prozent (bisher: 3,0 Prozent)."

Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank

"Wow, man kann es heute kaum fassen. Die EZB zeigt der Inflation die Zähne. Die EZB wird mit dem Leitzins deutlich nach oben gehen. Das wurde heute deutlich und bestätigt unsere Sicht, dass die EZB noch lange nicht am Ende ist. Die EZB erhöht zwar nicht um 0,75 Prozentpunkte, doch die Falken im geldpolitischen Rat schienen dennoch die Oberhand zu haben. Die EZB wird ihre Bilanzsumme reduzieren und stellt weitere deutliche Zinserhöhungen in Aussicht. Christine Lagarde wurde während der Pressekonferenz deutlich: Es seien mehrere Zinserhöhungen um 0,50 Prozentpunkte notwendig. Das sind Worte, die altgediente Volkswirte lediglich von der Deutschen Bundesbank kennen."

Michael Holstein, Chefvolkswirt DZ Bank

"Die entschiedene Haltung der EZB mit Blick auf die Inflationsbekämpfung ist zu begrüssen. Es wäre ein Fehler, die geldpolitische Wende zu früh zu signalisieren. Vor allem, nachdem die Notenbankoberen zu lange mit der ersten Zinsanhebung gewartet haben. Die Inflationsprognose der EZB liegt bis 2025 oberhalb des Zielniveaus. Auch das spricht dafür, dass der Kampf gegen die Teuerung weiter andauern dürfte."

Ralf Umlauf, Analyst Landesbank Hessen-Thüringen

"Die Zinserhöhung und der Einstieg ins QT (Reduzierung der Bilanzsumme) waren weitgehend so erwartet worden, allerdings signalisiert die EZB, dass die Zinsen noch 'deutlich' weiter steigen müssen, um restriktives Niveau zu erreichen und die Inflation nachhaltig in Richtung der Zielgrösse zu drücken. Die EZB wird wohl zunehmend in Abhängigkeit der aktuellen Datenentwicklung agieren und somit ist ein vorsichtiges Vorgehen in der Geldpolitik zu erwarten. Mit dem Einstieg in QT wird der Normalisierungsprozess seitens der EZB aber fortgesetzt, unabhängig davon, dass die Zinsperspektiven nicht mehr so steil nach oben weisen."

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(AWP)