Die Aussagen der Ökonomen im Überblick:

Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank:

"Das leichte Plus der deutschen Wirtschaft im ersten Quartal dürfte vor allem auf eine Lockerung der Corona-Beschränkungen und einen moderaten Anstieg der Industrieproduktion zurückgehen. Das zeigt, was im Sommerhalbjahr ohne Putins Angriffskrieg möglich gewesen wäre. Aber der Krieg verunsichert Unternehmen und Konsumenten massiv, treibt die Energiepreise nach oben und spricht zusammen mit der Null-Corona-Politik Chinas lediglich für eine Stagnation der deutschen Wirtschaft im zweiten Quartal. Käme es sogar zu einem Stopp russischer Gaslieferungen, würde die dadurch ausgelöste Energiekrise wohl eine tiefe Rezession verursachen. Die Konjunkturrisiken sind zur Zeit sehr hoch."

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank:

"Eigentlich war ursprünglich zu erwarten gewesen, dass das Wachstum kräftig anzieht. Doch mit dem Krieg und den drastischen Eindämmungsmassnahmen in China zogen dunkle Wolken am Konjunkturhimmel auf. Die Materialknappheiten haben so sehr an Schärfe gewonnen, dass sie die deutsche Wirtschaft gar in die Rezession führen könnten. Aktuell kommt der deutschen Wirtschaft jedoch noch zugute, dass Restaurants, Bars und Hotels wieder auf deutlich höhere Umsätze blicken, das ist eine wichtige Stütze im laufenden Quartal. Allerdings könnten die Nachholeffekte in Anbetracht der hohen Teuerungsraten kurzlebig sei. Die gestiegenen Lebenshaltungskosten könnten den Verbraucher zum Sparen zwingen. Leidtragender wäre dann erneut der Freizeitsektor. Es bleibt also schwierig - dabei hätte doch alles so gut werden können."

Elmar Völker, Volkswirt Landesbank Baden-Württemberg:

"Nach der leichten Erholung des Ifo-Geschäftsklimas im April ist dies die zweite Meldung zur Konjunkturentwicklung in dieser Woche, die vorsichtige Zuversicht ausstrahlt. Die Gefahr einer technischen Rezession hat sich erst einmal nicht materialisiert. Offenbar haben sich die Lockerungen der Corona-Massnahmen positiv bemerkbar gemacht, und dies sollte, für sich genommen, auch Rückenwind für das laufende Quartal geben. Die Frühlingsgefühle sind jedoch extrem fragil, wie der jüngste Einbruch des Konsumklimas zeigt. Die immer weiter steigende Inflation und die wachsende Gefahr eines Gas-Lieferstopps, dazu noch die schwierige Corona-Lage in China, belasten die Konjunkturaussichten massiv."

Christoph Swonke, Konjunkturanalyst der DZ Bank:

"Bereits zu Jahresbeginn sorgte die Omikron-Variante für eine schwierige wirtschaftliche Ausgangslage. Zudem belasteten im gesamten Zeitraum die hohe Inflation und die globale Lieferkettenproblematik. Mit dem Ukraine-Krieg kam ab Ende Februar ein weiterer grosser Belastungsfaktor hinzu. Diese Gemengelage lässt auch für das zweite Quartal nicht auf eine Entspannung hoffen. Die Sorgen um die Energieversorgung, die Lieferproblematik und der enorme Preisdruck werden die Konjunktur vorerst weiter bremsen. Ob es hierzulande in den kommenden Monaten wirklich zu einer Rezession kommt, hängt vor allem von einem möglichen Gasembargo gegenüber Russland ab."

Ralf Umlauf, Volkswirt Landesbank Helaba:

"Das BIP-Wachstum in Deutschland ist leicht positiv, kann das Q4-Minus aber nicht vollständig kompensieren. Immerhin liegt es im Rahmen der Erwartungen, während Frankreich mit einer Stagnation enttäuscht hatte und Spanien mit einem moderaten Plus ebenfalls klar hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist. Die Belastungen durch die hohe Inflation und die geopolitische Verunsicherung sowie die Lieferschwierigkeiten dämpfen die konjunkturelle Entwicklung. Angesichts der hohen Teuerungsrate ist die EZB aber unter Handlungsdruck geraten. Daran ändert auch das wenig veränderte und im Trend nachgebende Geldmengenwachstum zunächst nichts. Ab dem dritten Quartal ist mit Zinserhöhungen in der Eurozone zu rechnen."

Jörg Zeuner, Chefvolkswirt Union Investment:

"Eine Rezession in diesem Jahr ist weiterhin möglich. Beispielsweise hat ein abrupter Gaslieferstopp das Potenzial, uns in eine Phase der wirtschaftlichen Schrumpfung zu führen. Die westlichen Volkswirtschaften sind aber zäh. Sie haben mit der Pandemie einen der schwersten Schocks der modernen Wirtschaftsgeschichte gemeistert und eindrucksvoll ihre Widerstandsfähigkeit gezeigt."

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(AWP)