Die Fed musste bei ihrer Entscheidung abwägen zwischen der Beruhigung der Sorgen im Bankensektor und dem Kampf gegen die hohe Inflation. Die Notenbank schliesst weitere Zinserhöhungen nicht aus. "Der Ausschuss geht davon aus, dass eine gewisse zusätzliche Straffung der Geldpolitik angebracht sein könnte", heisst es in einem Kommentar. Schliesslich bleibe die Inflation hoch.

Stimmen von Ökonomen zur Zinsentscheidung im Überblick:

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank:

"Die Fed ist mit der heutigen Zinserhöhung im aktuellen Zyklus am Ende angelangt. Dies hätte aus unserer Sicht auch ganz unabhängig von den aktuellen Turbulenzen im Bankensektor gegolten. Die Inflationsraten werden in den kommenden Monaten weiter deutlich fallen. Alleine im laufenden Monat dürfte die Inflationsrate um einen ganzen Prozentpunkt zurückgehen. Gleichzeitig werden sich bis zum Mai, wenn die Fed das nächste Mal tagt, die konjunkturellen Aussichten eintrüben. Dies könnte sich mit den Bankturbulenzen sogar noch beschleunigen - vor allem bei einer Verschärfung der Kreditvergabebedingungen durch die Banken. Die Fed wird also in den kommenden Monaten keinen triftigen Grund für weitere Zinsanhebungen haben."

Bernd Weidensteiner und Christoph Balz, Analysten Commerzbank:

"Für die kommende Sitzung ist aus heutiger Sicht ein weiterer Schritt um 0,25 Prozentpunkte zu erwarten, bis dahin sollte auch die Situation im Bankensystem klarer sein. Ob die Fed dann schon am Ende ist, ist allerdings fraglich. Denn der Inflationsdruck dürfte zu hoch bleiben. Wir sehen daher eher das Risiko, dass die Fed noch etwas mehr tun muss, als die Projektion nahelegt. Derzeit erwarten wir noch insgesamt 0,50 Punkte an Zinserhöhungen."

Elmar Völker, Analyst Landesbank Baden-Württemberg (LBBW):

"Der vorsichtigere Zinsausblick zeigt jedoch, dass eine Pause bei der geldpolitischen Straffung näher gerückt ist, weil die Bankenturbulenzen die konjunkturellen Risiken erhöhen. Aus heutiger Sicht ist auf der Mai-Sitzung eine weitere Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte realistisch, sofern sich die Finanzmarktturbulenzen nachhaltig beruhigen. Danach nimmt die Unsicherheit über den weiteren Verlauf deutlich zu: Bei unserer Prognose, wonach der Leitzinsgipfel bei 5,50 Prozent erreicht wird, dominieren nunmehr die Abwärtsrisiken."

Christian Scherrmann, Analyst bei der Fondsgesellschaft DWS:

"Die Zentralbanker haben ihre Erwartungen für den Leitzins im Jahr 2023 nicht erhöht, sondern angedeutet, dass sie lieber den Zinssatz im Jahr danach noch etwas höher belassen wollen als zuvor angedacht. Insgesamt hat es den Anschein, dass sich der frühere Gegenwind durch die finanziellen Rahmenbedingungen endlich in Rückenwind verwandelt hat. Wie unterstützend dieser Rückenwind sein wird, bleibt jedoch vorerst ungewiss."

Ian Shepherdson, Chefvolkswirt Pantheon Macroeconomics:

"Unser Basisszenario ist, dass der Leitzins im Mai erneut um 25 Basispunkte steigen wird. Mit der Erwartung eines Leitzinses von 5,1 Prozent zum Jahresende durch die Fed-Mitglieder sind die Argumente für eine anschliessende Zinspause ziemlich stark."

Andrew Hunter, Analyst Capital Economics:

"Schon vor der Krise gingen wir davon aus, dass die US-Wirtschaft in diesem Jahr einem hohen Rezessionsrisiko ausgesetzt ist. Da die jüngsten Ereignisse wahrscheinlich das Vertrauen beeinträchtigen und zu einer weiteren erheblichen Verschärfung der Kreditbedingungen führen, sind wir zuversichtlicher mit dieser Einschätzung. Die Wirtschaftsschwäche dürfte den Abwärtstrend der Kerninflation wahrscheinlich beschleunigen. Wir gehen daher weiter davon aus, dass die Fed die Zinsen vor Ende dieses Jahres senken wird, viel früher, als die offiziellen Prognosen jetzt implizieren."

Thomas Altmann, Analyst beim Vermögensverwalter QC Partners:

"Die Fed hat heute wirklich jede einzelne Chance genutzt, um ihr Vertrauen in das US-Bankensystem auszudrücken. Einen stärkeren Vertrauensbeweis als die heutige Entscheidung hätte es nicht geben können. Mit dem üblichen Verweis auf die Datenabhängigkeit zukünftiger Entscheidungen lässt sich die Fed die übliche Hintertüre offen. Heute klingt es aber so, als ob die Fed nicht davon ausgeht, dass sie durch diese Türe wird gehen müssen."

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(AWP)