Der Bilanzskandal hatte den Handelskonzern, der seine Wurzeln im niedersächsischen Westerstede hat, schwer erschüttert. Das Bekanntwerden von Manipulationen Ende 2017 vernichtete damals den Börsenwert des Unternehmens fast vollständig. Die weltweit agierende Steinhoff International Holdings hat heute ihren Hauptsitz in Amsterdam und wird von Südafrika aus gesteuert.

Jooste und der Treuhänder sollen zusammen mit zwei weiteren Geschäftsführern einer deutschen Tochtergesellschaft zwischen 2011 und 2015 Buchgewinne aus Scheingeschäften in die Bilanzen konzernzugehöriger Gesellschaften hineingeschrieben haben. Ausserdem sollen Vermögensanlagen falsch dargestellt worden sein - alles mit dem Ziel, die Konzernbilanz aufzuhübschen. Jooste war laut Staatsanwaltschaft dabei der "Spiritus Rector", also die treibende Kraft, die Vorgaben zu den Scheingeschäften gemacht haben soll.

In der Anklage warf die Staatsanwaltschaft Jooste zunächst Anstiftung zur Bilanzfälschung in fünf Fällen und dem Treuhänder Beihilfe dazu in vier Fällen vor. Am Dienstag stellte sich vor Gericht allerdings heraus, dass ein Teil der Fälle seit der Anklageerhebung 2020 bereits verjährt ist. Im Fall von Jooste geht es nun noch um zwei Taten. Dadurch soll die Bilanz insgesamt um 1,15 Milliarden Euro manipuliert worden sein. Zuvor war die Staatsanwaltschaft von Bilanzmanipulationen insgesamt in Höhe von rund 2,3 Milliarden Euro ausgegangen. Auch für die beiden verbliebenen Taten droht eine Verjährung spätestens nächstes Jahr.

Jooste, der in Südafrika lebt, weist nach früheren Berichten die Vorwürfe zurück. Sein deutscher Anwalt, Bernd Gross, betonte am Dienstag, sein Mandant wolle sich dem Verfahren in Deutschland stellen. Aber wegen strafrechtlicher Ermittlungen in dem Bilanzskandal gegen Jooste in Südafrika könne sein Mandant das Land nicht verlassen. Es gebe seit 2017 eine entsprechende Vereinbarung zwischen Jooste und der südafrikanischen Justiz. Jooste fühle sich an diesen "Deal" gebunden, sagte sein Verteidiger.

Staatsanwaltschaft und Gericht zeigten sich irritiert. Nach den vorliegenden Unterlagen sei der Pass Joostes "nicht amtlich" eingezogen worden, sagte der Vorsitzende Richter Christian Weigmann. Vielmehr sei der Pass wohl freiwillig abgegeben worden. Eine Ausreise erscheine daher grundsätzlich möglich.

Der Staatsanwalt Frank Lohmann sprach von "Prozesstaktik" und beantragte daraufhin vor dem Gericht einen Haftbefehl gegen Jooste. "Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr", sagte der Ankläger. Jooste wolle sich offenbar dem Prozess in Deutschland entziehen. "Ernsthafte Bemühungen" sich der Verhandlung in Oldenburg zu stellen, seien nicht erkennbar, sagte Lohmann.

Für den wegen Beihilfe mitangeklagten Treuhänder kam der Prozess dagegen bereits nach wenigen Stunden zu einem Ende. Nachdem auch in diesem Fall einige Taten verjährt sind, stellte das Gericht nach Vorschlag von Verteidigung und Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den 72-Jährigen gegen eine Zahlung in Höhe von 30 000 Euro binnen drei Monaten ein.

Der Treuhänder hatte zuvor über seinen Anwalt erklären lassen, die Vorwürfe zurückzuweisen - auch wenn er sich nicht mehr an alle Details der Transaktionen erinnern könne, die er für Steinhoff ausgeführt habe. Der Zusammenbruch des Steinhoff-Konzerns sei ein Schock für ihn gewesen, sagte er. "Dies verfolgt mich bis heute und ich bedauere es sehr."

Die von Firmengründer und Namensgeber Bruno Steinhoff aufgebaute Gruppe galt lange als Europas zweitgrösster Möbelkonzern. In Deutschland war Steinhoff für die Möbelkette Poco bekannt, die mittlerweile an den Konkurrenten XXXLutz verkauft worden ist. Seit Ende 2017, als die Ermittlungen wegen der Bilanzunregelmässigkeiten begannen, steckt der Konzern in einer Krise. Im Dezember 2017 brach der Aktienkurs des Steinhoff-Konzerns um mehr als 90 Prozent ein. Milliarden von Anlagegeldern gingen verloren. Konzernchef Jooste musste gehen.

Viele dieser Anleger sassen in Südafrika, darunter auch Rentenfonds. Derzeit erarbeitet die Steinhoff International Holdings nach eigenen Angaben einen Umschuldungsplan nach niederländischem Konkursrecht. Er soll bis zum 17. April stehen. Im März hatten Steinhoff-Aktionäre einen vorherigen Plan zur Schuldenrestrukturierung abgelehnt. Das Unternehmen muss einen Schuldenberg von 10,2 Milliarden Euro abbauen. An der Frankfurter Börse notieren Steinhoff-Aktien in diesen Tagen bei etwas über einem Cent./len/DP/jha

(AWP)