An der Börse konnte ASML am Mittwoch dennoch nicht überzeugen. Zwar lag die Umsatzprognose des Konzerns deutlich über den Markterwartungen, allerdings belasteten laut Beobachtern die zu gering erachteten Ziele für die Profitabilität. Mit minus anderthalb Prozent gehörte das EuroStoxx-50-Schwergewicht gegen Mittag zu den grössten Verlierern im europäischen Leitindex.
ASML habe das vergangene Jahr mit einem Rekordauftragsbestand von 40,4 Milliarden Euro beendet, sagte Konzernchef Peter Wennink laut Mitteilung. Es gebe zwar weiterhin Unsicherheiten, etwa durch die Inflation und steigende Zinsen. Die Reaktionen der Kunden deuteten aber auf eine Erholung des Halbleitermarktes in der zweiten Jahreshälfte hin.
In einem vom Konzern gestellten Video-Interview umriss der Manager die derzeitige Geschäftslage so: Zwar sinke inzwischen in einigen Bereichen die Nachfrage nach Chips, etwa für Smartphones und PCs, aber auch im Geschäft mit Datenzentren. Die Kunden benötigten aber immer noch mehr, als ASML produzieren könne. Vor allem die Nachfrage aus der Autoindustrie sei anhaltend stark, sagte Wennink.
Im Schlussquartal lagen die Buchungen klar unter dem Rekordwert des Vorquartals von fast 9 Milliarden Euro. Der Anlagenbauer verbuchte zuletzt Aufträge über 6,3 Milliarden Euro, wovon 3,4 Milliarden auf die neueren Lithografie-Systemen mit extrem ultravioletter Strahlung (EUV) zur Herstellung modernster Elektronikchips entfielen.
Im neuen Geschäftsjahr will der Konzern seine Profitabilität aufpolieren. Die viel beachtete Bruttomarge soll sich leicht verbessern, nachdem sie im Vorjahr um 2,2 Prozentpunkte auf 50,5 Prozent gesunken war. Analysten waren bisher für 2023 von einem deutlicheren Sprung auf 51,8 Prozent ausgegangen. Janardan Menon, Branchenexperte beim Analysehaus Jefferies, verwies aber auf ein voraussichtlich geringeres Wachstum im Geschäft rund um die installierten Anlagen sowie steigende Kosten angesichts der Inflation und im Zuge des Kapazitätsaufbaus. Diese Kombination lasse dem Konzern nur wenig Spielraum für eine Verbesserung der Marge, konstatierte der Analyst.
Zugleich stellt ASML für 2023 einen deutlichen Umsatzanstieg von mehr als 25 Prozent in Aussicht, was klar über den Markterwartungen liegt. Nach Ansicht von Goldman-Analyst Alexander Duval dürften die Erwartungen an den Umsatz am Markt nun um fünf Prozent und die Prognosen für den operativen Gewinn (Ebit) vier Prozent steigen.
Die hohe Prognose des Vorstands dürfte indes auch den Problemen mit verzögerten Umsätzen im vergangenen Jahr geschuldet sein. ASML hatte Maschinen wegen der starken Nachfrage schnell ausgeliefert; die Endabnahme verschob sich jedoch bis ins neue Jahr, weil die finalen Tests in den Fabriken der Kunden stattfanden. Damit wird nach Konzernangaben ein Erlös von rund 3,1 Milliarden Euro auch erst im Jahr 2023 verbucht.
Für das erste Quartal rechnet das ASML-Management mit einem Umsatz zwischen 6,1 und 6,5 Milliarden Euro. Die Prognose der Analysten lag hier bisher am unteren Ende der Spanne. Im Vergleich zu den 6,4 Milliarden Umsatz im abgelaufenen Schlussquartal 2022 könnte dies aber nur im besten Fall eine Steigerung bedeuten.
Im kompletten vergangenen Jahr kam bei ASML ein Erlös in Höhe von 21,2 Milliarden Euro zusammen, 14 Prozent mehr als 2021. Unter dem Strich sank der Gewinn jedoch von knapp 5,9 auf 5,6 Milliarden Euro. Die Anleger sollen gleichwohl eine höhere Dividende erhalten: Diese steigt um 5,5 Prozent auf 5,80 Euro je Aktie./tav/stw/mis
(AWP)