Vor diesem Hintergrund kalkuliert der Covestro-Chef für 2022 mit einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) zwischen 1,7 und 1,8 Milliarden Euro, nachdem bislang 1,7 bis 2,2 Milliarden auf dem Zettel gestanden hatten. Das ist auch am oberen Ende etwas weniger als Analysten im Durchschnitt erwartet haben. Da bereits ein schwaches drittes Quartal erwartet worden sei, dürfte die Anpassung der Prognose keine echte Überraschung mehr sein, schrieb Analyst Markus Mayer von der Baader Bank in einer ersten Reaktion. Allerdings dürften die Markterwartungen für 2023 deutlich sinken.
Mayer begründete seine Einschätzung mit einer Indikation von Covestro, dass die Geschäftsentwicklung des Septembers hochgerechnet auf 2023 ein operatives Jahresergebnis von nur 900 Millionen Euro bedeuteten würde. Für Sebastian Satz, Analyst bei der britischen Bank Barclays, ist dies ebenfalls enttäuschend. Er wendet allerdings auch ein, dass die Hochrechnung wahrscheinlich niedrigere Energie- und Rohstoffkosten und die geplante deutsche Gasspreisbremse nicht gänzlich reflektiere.
Bei den Anlegern kamen das dennoch nicht gut an. Die Aktien fielen bis gegen Mittag um viereinhalb Prozent auf 34,09 Euro. Damit ist aus der jüngsten Kurserholung erst einmal die Luft raus. Die Papiere hatten sich zuletzt vom September-Tief unter 28 Euro um fast ein Drittel erholt. Für das laufende Jahr bedeutete das aber immer noch ein Minus in ähnlicher Höhe. Ein Händler hielt allerdings eine Kurserholung nach dem schwachen Start für denkbar, weil schon viel Negatives eingepreist sei.
Im abgelaufenen dritten Quartal brach das operative Ergebnis im Jahresvergleich um fast zwei Drittel auf 302 Millionen Euro ein, trotz eines Umsatzwachstums um rund sieben Prozent auf 4,6 Milliarden Euro. Das wurde allerdings vor allem von höheren Verkaufspreisen und dem zum US-Dollar schwachen Euro getrieben. Die Nachfrage nach den Produkten des Konzerns litt spürbar unter dem schwachen Konjunkturumfeld in Europa, wo die Geschäfte des Herstellers von Schaumstoffvorprodukten, harten Kunststoffen und Lackzusätzen mit der Elektro-, Möbel- und Bauindustrie schlechter liefen.
Zudem sei es nur in geringem Masse gelungen, durch höhere Verkaufspreise die deutlich gestiegenen Rohstoff- und Energiepreise zu kompensieren, teilte Covestro weiter mit. Unter dem Strich hielten die Leverkusener sich mit 12 Millionen Euro knapp in der Gewinnzone, nach einem Überschuss von 472 Millionen ein Jahr zuvor.
Der freie operative Mittelzufluss, also das Geld, was im Tagesgeschäft letztlich bei Covestro hängen bleibt, sank im Sommerquartal um mehr als 90 Prozent auf 33 Millionen Euro. Hier kalkuliert Konzernchef Steilemann für 2022 nun mit 0 bis 100 Millionen Euro, nachdem seit der Prognosesenkung im Sommer bis zu 500 Millionen Euro avisiert worden waren./mis/men/stk
(AWP)