Die SNB und die Finanzmarktaufsicht Finma kündigten die Hilfestellung für die Grossbank am Mittwochabend nach zuletzt massiven Börsenturbulenzen an. Die Bankenaufseher betonten dabei auch, dass sie keine Hinweise auf eine Ansteckungsgefahr für Schweizer Finanzinstitute durch die Verwerfungen auf dem US-Bankenmarkt sähen. Zudem erfülle die Credit Suisse die an systemrelevante Banken gestellten Anforderungen an Kapital und Liquidität.

Nur Stunden später gab die Credit Suisse die Aufnahme eines SNB-Kredits von über 50 Milliarden Franken bekannt. Sie begründete dies mit einer "präventiven Stärkung" der Liquidität. Dies unterstütze die Kerngeschäfte der CS und die Kunden der Grossbank. Die CS muss die Darlehen allerdings vollständig mit "hochqualitativen Vermögenswerten" absichern. Gleichzeitig kündigte die Grossbank ein Rückkaufangebot von Schuldpapieren im Wert von insgesamt rund drei Milliarden Franken an.

Klare Kurserholung

Am Aktienmarkt zeigten die CS-Titel am Donnerstag immerhin mit einem Anstieg um rund 19 Prozent im Plus auf 2,022 Franken eine klare Erholung vom Absturz des Vortages. Am Mittwoch hatten die CS-Aktien in einer turbulenten Sitzung um 24 Prozent nachgegeben und zeitweise einen neuen Tiefstwert von 1,55 Franken erreicht. Die Titel blieben allerdings weiterhin klar unter dem Schlusskurs vom Dienstagabend von 2,24 Franken.

Am Mittwoch hatten die Sorgen um die CS auch die Bankentitel weltweit belastet. Auslöser waren die Aussagen des CS-Grossaktionärs Saudi National Bank gewesen. Deren Präsident hatte weitere Kapitalzuschüsse an die als "global systemrelevante" geltende CS ausgeschlossen. Die Äusserungen fielen in ein Marktumfeld, das von den Problemen der Silicon Valley Bank (SVB) und weiterer US-Regionalbanken stark verunsichert ist, weshalb auch US-Finanzministerin Janet Yellen am Donnerstag die Märkte zu beruhigen versuchte.

Vertrauen wiederherstellen

Ob der SNB-Milliardenkredit das Vertrauen der Investoren wie auch der Bankkunden wiederherstellt, muss sich nun erst zeigen. Vontobel-Analyst Andreas Venditti sprach immerhin von einem "starken und wichtiges Signal": Er hoffe, dass damit die Negativspirale durchbrechen werde.

Die Grossbank litt zuletzt unter anhaltenden Vermögensabflüssen. Im vierten Quartal 2022 hatten Kunden fast 111 Milliarden Franken abgezogen, wobei ein grosser Teil der Abflüsse im vergangenen Oktober nach Gerüchten um eine Schieflage der Bank angefallen war. Wie hoch die Vermögensabflüsse und Geldrückzüge in den vergangenen Tagen waren, wollte die CS am Donnerstag allerding nicht kommentieren.

Die Bank benötige die SNB-Liquidität nun wohl zumindest in Teilen, um die "wahrscheinlich bedeutenden Abflüsse an Kundeneinlagen" überhaupt stemmen zu können, erklärte auch Bankenprofessor Teodoro Cocca von der Universität Linz im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Zudem habe die Credit Suisse wohl am Markt nicht mehr genügend Liquidität beschaffen können, weil ihr die anderen Banken nicht mehr trauten, sagte der Bankenexperte.

Thema für Bundesrat

Auch für die Politik war die Credit Suisse am Donnerstag ein Thema. Insgesamt lobten Parlamentarier das Einschreiten der SNB. Laut Informationen der Nachrichtenagentur Keystone-SDA wollte sich der Bundesrat noch am Donnerstag zu einer ausserordentlichen Sitzung zur CS-Situation treffen. Ob die Landesregierung Beschlüsse fällen wird, war zunächst unklar.

Die Credit Suisse hatte 2022 mit einem Jahresverlust von 7,3 Milliarden Franken ihr schlimmstes Jahr seit der Finanzkrise von 2008 erlebt. Bereits 2021 war die CS nach den Debakeln um den Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos und die Liquidierung der Greensill-Fonds tief in die Verlustzone geraten. Auch für 2023 hat die Bank wegen der hohen Kosten für die Restrukturierung erneut rote Zahlen prognostiziert.

tp/kw

(AWP)