Die Daimler-Aktie lag am Nachmittag 1,5 Prozent im Plus bei 71,93 Euro. Das Papier hat seit dem Börsen-Crash wegen des Ausbruchs der Corona-Pandemie im Februar 2020 stetig an Wert gewonnen und war im Juni bis auf die Marke von rund 80 Euro gestiegen. Vor dem Crash vor rund anderthalb Jahren war das Papier um die 45 Euro wert gewesen. Vor allem die Aufspaltungspläne in einen reinen Auto- und Nutzfahrzeugkonzern haben den Kurs nachhaltig gestützt.

Das Unternehmen kündigte an, zwischen 2022 und 2030 seien Investitionen von mehr als 40 Milliarden Euro in batterieelektrische Fahrzeuge vorgesehen. Konkret sollen bei Mercedes alle neuen Fahrzeug-Architekturen - die technische Basis von Automodellen - ab 2025 ausschliesslich elektrisch sein. Im gleichen Jahr werde man drei neue dieser Plattformen einführen. Ebenfalls bis Mitte des Jahrzehnts soll den Kunden für jedes Mercedes-Modell in jedem Fall auch eine vollelektrische Alternative zur Auswahl stehen.

Angesichts der Neuaufstellung will Daimler nun auch selbst mit anderen Unternehmen zusammen in grösserem Stil Batteriezellen produzieren. Mit Partnern plane man, weltweit acht Gigafabriken zur Zellproduktion mit einer Gesamtkapazität von mehr als 200 Gigawattstunden zu errichten. Bisher hatte der Konzern eine eigenständige Grossserien-Zellproduktion abgelehnt und auf Zulieferer gesetzt. Zudem übernimmt Daimler den britischen Elektromotorspezialisten Yasa, nannte aber keine finanziellen Details.

Die Batteriezellfabriken sollen das bereits geplante Netz an neun Fabriken ergänzen, die Batteriesysteme aus angelieferten Zellpaketen zusammensetzen. Die nächste Batteriegeneration werde hochgradig standardisiert und für den Einsatz in mehr als 90 Prozent aller künftigen Mercedes-Pkw geeignet sein, hiess es.

Das schnellere Hochfahren der Elektromobilität bedeute auch eine grundlegende Wende bei der Verteilung von Kapital, so Daimler. Die Investitionen für Verbrenner und Plug-in-Hybride werden dem Konzern zufolge zwischen 2019 und 2026 um 80 Prozent gekappt, während mehr Geld in die Elektroantriebe fliesst.

"Die Elektromobilität gewinnt an Fahrt - vor allem im Luxus-Segment, wo Mercedes-Benz zuhause ist", sagte Daimler-Chef Ola Källenius. "Der Wendepunkt rückt näher, und wir werden bereit sein, wenn die Märkte bis zum Ende des Jahrzehnts vollständig auf Elektroautos umstellen." Die Krone beim Wettrennen um den Autobauer mit der grösstmöglichen Anzahl verkaufter Autos strebt der Manager dabei aber nicht an, sondern setzt vor allem auf Profitabilität der verkauften Autos.

Trotz des Umstiegs auf die zunächst weniger lukrativen Elektroautos will er die versprochenen mittelfristigen Margenziele halten. Vergangenes Jahr im Oktober hatte er für Mercedes-Benz vorgegeben, dass die Umsatzrendite vor Zinsen und Steuern auch im ungünstigen Umfeld den mittleren bis hohen einstelligen Prozentbereich erreichen sollte, und im günstigen Umfeld auch zweistellig ausfallen sollte - wie derzeit im ersten Halbjahr 2021. Die Umsatzrendite ist Massstab für die Profitabilität eines Unternehmens; je höher die Prozentzahl ist, desto mehr Gewinn holt das Unternehmen aus jedem Euro Umsatz heraus.

Auch in einer Elektrowelt sollte Mercedes-Benz eine Firma mit prozentual zweistelligen Renditen sein, sagte Finanzchef Harald Wilhelm. Danach strebe der Konzern. Dazu will Mercedes auch bei seinen Luxus- und Sport-Submarken Maybach und AMG die Elektrifizierung vorantreiben - und mit High-End-Elektroautos höhere Preise einstreichen. Ausserdem will Daimler eine noch direktere Kontrolle über Preise und Verkäufe erreichen und höhere Umsätze mit digitalen Dienstleistungen erzielen. Standardisierte Batterieplattformen und die Grössenvorteile technischer Fahrzeugarchitekturen sollen ebenfalls helfen, die Kosten zu senken.

Auf der Kostenseite hatte Källenius bereits vor der Corona-Pandemie die Zügel angezogen, weil ihm die Kosten bei dem Autobauer unabhängig von der aktuellen Geschäftslage zu hoch waren. In der Krise legte der Schwede nach. Die Fixkosten bei Mercedes-Benz sollen von 2019 bis 2025 um 20 Prozent drücken. Wie viele Arbeitsplätze dem am Ende zum Opfer fallen, ist noch nicht klar. Medienberichte gehen von 20 000 bis 30 000 wegfallenden Stellen aus. Betriebsratschef Michael Brecht hatte am Vortag angesichts guter Geschäftszahlen gefordert, bei den Sparbemühungen auf die Bremse zu treten./men/mbr/nas/eas

(AWP)