Dass nun am Freitag zeitgleich im Luft- und Schienenverkehr gestreikt werde, sei ein Zufall, betonte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch am Mittwoch bei der Ankündigung der Aktionen. Anders als bei dem abgestimmten, grossangelegten Warnstreik im Verkehrssektor Ende März hätten sich beide Gewerkschaften für Freitag nicht vorher abgesprochen. "Das haben wir nicht getan, da gibt es keine Abstimmung dieses Mal", sagte Loroch.

"Uns geht es auch nicht darum, Fahrgäste zu bestrafen", sagte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay. "Im Gegenteil: Uns geht es nur darum, den Druck auf den Arbeitgeber zu erhöhen." Derzeit verhandelt die Gewerkschaft in zweiter Runde nach und nach mit rund 50 Eisenbahn-Unternehmen über höhere Tarife. Bei der Deutschen Bahn sollen die Verhandlungen am kommenden Dienstag weiter gehen.

Die Arbeitnehmervertreter fordern in den Verhandlungen mit der Branche für die Beschäftigten mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen sowie eine Laufzeit von zwölf Monaten. Der bundeseigene Konzern hatte zuletzt mitgeteilt, sich am jüngsten Schlichterspruch im Tarifstreit des öffentlichen Diensts orientieren zu wollen. Die EVG lehnte das ab.

"Wir sind nicht Teil des öffentlichen Diensts und wir sind auch nicht Teil des Schlichtungsverfahrens gewesen", betonte Loroch. "Wir haben Forderungen übersandt und wir erwarten ganz einfach, dass man sich mit den Forderungen auseinandersetzt."

Ausgenommen von den Warnstreiks im Bahnverkehr am Freitag bleibt laut EVG zunächst das Verkehrsunternehmen Transdev, bei dem an diesem Mittwoch weiter verhandelt wird. "Je nachdem, wie die Verhandlung heute läuft, wird Transdev am Freitag aus dem Streik ausgenommen sein", sagte Ingenschay. "Ansonsten gehen wir davon aus, dass am Freitagmorgen auf der Schiene nichts laufen wird."

Der Personalvorstand der Deutschen Bahn, Martin Seiler, äusserte am Mittwoch Unverständnis über die Ankündigung. "Dieser Streik ist völlig unnütz und unnötig", teilte er mit. Am Freitag, dem reisestärksten Tag der Woche, treffe die Aktion viele Pendlerinnen und Pendler "besonders hart". Seiler verteidigte den eigenen Vorschlag, sich am Schlichter-Tarifkompromiss des öffentlichen Diensts orientieren zu wollen. "Warum sollte das, was für die 2,5 Millionen Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes gut ist, nicht auch für 180 000 Eisenbahner:innen gut sein?"

Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes haben unabhängige Schlichter am vergangenen Wochenende eine Lösung vorgeschlagen. Dieser sieht zunächst einen steuer- und abgabefreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 3000 Euro vor. Ab März 2024 soll es dann einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschliessend ein Lohnplus von 5,5 Prozent geben. Über den Vorschlag wollen die Gewerkschaften mit Bund und Kommunen am kommenden Wochenende verhandeln.

In diesem Zusammenhang hat Verdi für Donnerstag und Freitag die Beschäftigen im Luftsicherheitsbereich, in der Fluggastkontrolle, der Personal- und Warenkontrolle und in Servicebereichen der drei Flughäfen Düsseldorf, Köln/Bonn und Hamburg zu ganztägigen Warnstreiks aufgerufen. "Es ist im Zusammenhang mit dem Streik mit längeren Wartezeiten bis hin zu Flugausfällen oder -streichungen zu rechnen", warnte die Gewerkschaft am Dienstag. Die Luftfahrtbranche kritisierte den erneuten Ausstand.

Einen ersten Warnstreik hatte die EVG bereits Ende März gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi organisiert. Damals lagen nicht nur der Regional- und Fernverkehr auf der Schiene, sondern auch der Luft- und Wasserverkehr still./nif/maa/DP/zb

(AWP)