Bei FMC gebe es derzeit viel Unruhe, kommentierte ein Börsianer. James Vane-Tempest vom Analysehaus Jefferies wertete den Abgang als überraschend. Er verwies ebenso wie der genannte Börsianer auf die strategischen Differenzen zwischen Kriwet und Fresenius-Chef Michael Sen über den richtigen Kurs für eine Trendwende. Mit einem Kursrückgang von rund 47 Prozent seit Jahresbeginn gehört FMC zu den grössten Verlierern im Dax . Für die FMC-Aktie ging es am späten Dienstagvormittag um mehr als zwei Prozent abwärts, während die Fresenius-Titel um den Vortagesschluss pendelten.

Der Gesundheits- und Klinikkonzern Fresenius und die Dialysetochter FMC stecken in der Dauerkrise. Nach Gewinnwarnungen in Serie und dem Absturz an der Börse hatte es erst Anfang Oktober einen doppelten Führungswechsel gegeben: Auf den glücklosen Fresenius-Chef Stephan Sturm folgte der frühere Siemens -Manager Michael Sen. Bei FMC löste Kriwet wegen Problemen in den USA vorzeitig Rice Powell ab, der in Rente ging. Die 51-jährige Kriwet, die von der Bosch-Tochter BSH Hausgeräte gekommen war, hatte noch im Oktober einen Plan ankündigt, um die Probleme bei FMC anzugehen. Die promovierte Betriebswirtin galt als durchsetzungsstark und erfahren in Umstrukturierungen.

Mit Fresenius-Chef Sen soll es nun Uneinigkeiten über den Kurs gegeben haben. Fresenius Medical Care müsse sich "noch stärker auf den operativen Turnaround fokussieren, die Unternehmensperformance weiter verbessern und sich auf seinen Kern konzentrieren", erklärte Sen laut Mitteilung. Der Manager hatte schon in den vergangenen Monaten angekündigt, alle Geschäfte von Fresenius auf den Prüfstand zu stellen und ein hohes Tempo beim Konzernumbau versprochen.

Fresenius leidet seit längerem unter den Folgen der Corona-Pandemie, die erst die Kliniktocher Helios traf und zuletzt immer stärker FMC. Dort sterben weiter viele Blutwäschepatienten an Corona. Zudem machen FMC ein Mangel an Pflegekräften in den USA sowie steigende Löhne und Materialkosten zu schaffen. Kurz nach Kriwets Antritt im Oktober musste FMC zum zweiten Mal binnen drei Monaten die Gewinnprognose senken und zwang damit auch Fresenius zur Korrektur der Ziele.

Die neue FMC-Chefin Helen Giza arbeitet seit 2019 im Konzern, der weltweit gut 4100 Dialysezentren betreibt und 2021 mit rund 17,6 Milliarden Euro fast die Hälfte zum Fresenius-Umsatz beisteuerte. Bei FMC war Giza auch für die Neuausrichtung des Konzerns auf eine schlankere Struktur verantwortlich. Im Zuge dessen hatte FMC im Herbst 2021 angekündigt, weltweit 5000 Jobs zu streichen, davon etwa 500 bis 750 in Deutschland. Details dazu stehen noch aus.

Der Umbau im Fresenius-Konzern dürfte aber noch nicht beendet sein. Zuletzt hatte Fresenius bestätigt, Kontakt mit dem US-Hedgefonds Elliott gehabt zu haben. Er könnte Berichten zufolge auf eine Aufspaltung des komplexen Konzerns mit den Sparten Dialyse, Flüssigarzneien, Kliniken und Projektgeschäft dringen./als/DP/nas

(AWP)