Der Druck war zu gross geworden, da hunderttausende blockierte Anschlüsse nicht in Betrieb genommen werden duften. Bis Ende September hatten sich knapp 400'000 Glasfaseranschlüsse angesammelt, die nicht aufgeschaltet werden können, weil die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) den Glasfaserausbau der Swisscom im Dezember 2020 mit vorsorglichen Massnahmen gestoppt hatte.
Denn die Kartellwächter halten die von der Swisscom geänderte Netzarchitektur mit nur einer Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht für wettbewerbswidrig. Die Weko pocht auf einen Ausbau mit einer Zuleitung für jeden Haushalt.
Nur so können Konkurrenten der Swisscom den Kunden eigene Internetangebote machen, die sich von jenen der Swisscom unterscheiden, und beispielsweise höhere Surfgeschwindigkeiten anbieten als der "Blaue Riese". Zudem erhält so jeder Haushalt eine Direktleitung in die Telefonzentrale und muss sich nicht die Zuleitung mit den Nachbarn teilen.
Allerdings ist diese Bauweise teurer, als nur eine Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht vor den Häusern zu verlegen. Die Swisscom hat aus Kostengründen die billigere Variante gewählt und trotz des Vetos der Wettbewerbshüter lange daran festgehalten.
Beschwerden der Swisscom gescheitert
Gegen die vorsorglichen Massnahmen der Weko hatte die Swisscom Rekurs eingelegt und ist damit zunächst beim Bundesverwaltungsgericht und schliesslich beim Bundesgericht gescheitert. Das oberste Schweizer Gericht hat die Beschwerde in einem am Vorabend veröffentlichten Urteil abgewiesen. Der Erlass von vorsorglichen Massnahmen aufgrund des Kartellgesetzes sei "nicht offensichtlich unhaltbar".
Auch sei die Annahme der Vorinstanz, dass ohne die getroffene Massnahme ein nicht leicht wieder gutzumachender Nachteil für den Wettbewerb drohe, nicht willkürlich, befanden die Lausanner Richter.
Gegenwärtig ändert sich nichts
Durch das Bundesgerichtsurteil ändere sich für die Swisscom gegenwärtig nichts, sagte ein Konzernsprecher am Mittwoch auf Anfrage. Der neue Swisscom-Chef Christoph Aeschlimann hatte vor einem Monat angekündigt, wieder grösstenteils Direktleitungen von der Telefonzentrale bis zu den Haushalten zu verlegen.
Und bei den bisher bereits gebauten knapp 400'000 Anschlüssen, die blockiert sind, würden die Zuleitungen teilweise nachtäglich erweitert. Damit können sie wieder in Betrieb genommen werden. Bis Ende 2025 sollen so rund 200'000 Glasfaseranschlüsse umgebaut sein. Darauf fokussiere man sich jetzt, sagte der Swisscom-Sprecher.
Noch nicht entschieden ist dagegen das Hauptverfahren der Weko über die Art des Glasfaserbaus. Hier werde die Verfügung im nächsten Jahr erwartet, erklärte die Swisscom. Nach Ansicht von Branchenexperten sind durch das Bundesgerichtsurteil die Chance für eine einvernehmliche Lösung im Glasfaserstreit gestiegen.
Konkurrentin Init7 erfreut
Der Winterthurer Telekomanbieter Init7, der im September 2020 wegen des geänderten Glasfaserbaus Anzeige gegen die Swisscom bei der Weko eingereicht hatte, zeigte sich erfreut über das Bundesgerichtsurteil: "Durch den Erlass und die Bestätigung dieser vorsorglichen Massnahmen erkennen Weko, Bundesverwaltungsgericht und Bundesgericht an, dass die Swisscom das Glasfasernetz monopolisieren wollte und dadurch der freie Wettbewerb der Internetprovider stark eingeschränkt worden wäre. Das Urteil ist ein Sieg für ein offenes Internet in der Schweiz."
"Denn wären die Glasfasern einmal in der falschen" Monopolstruktur gebaut worden, wäre dies kaum mehr rückgängig zu machen gewesen", schrieb Init7. Auch dann nicht, wenn die Weko im noch laufenden Hauptverfahren erneut zum Schluss käme, dass der Netzausbau der Swisscom mit nur einer Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht ein Glasfaser-Monopol ermöglichen würde.
jb/uh
(AWP)