Die Empfehlung ist noch nicht die endgültige Forderung. Diese wird am 30. Juni in den regionalen Tarifkommissionen diskutiert. Dabei gehe es um eine konkrete Zahl innerhalb der Bandbreite von 7 bis 8 Prozent, sagte Hofmann. Am 11. Juli will der IG-Metall-Vorstand über die endgültige bundeseinheitliche Forderung entscheiden. Die Gewerkschaft peilt eine Laufzeit von zwölf Monaten an.

Zur Begründung für die Empfehlung zieht die IG Metall unter anderem die konjunkturelle Lage der Branche heran. Demnach waren laut einer Umfrage unter den Betriebsräten im vergangenen Jahr im Schnitt über die gesamte Industrie hinweg deutliche Umsatz- und Produktivitätszuwächse zu verzeichnen. Gleichwohl sah die Lage laut IG Metall je nach Sparte sehr unterschiedlich aus. So ging beispielsweise die Produktion in der Automobilindustrie deutlich um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück, während sie im Maschinenbau zulegte.

Die Verträge für die Beschäftigten in den Kernbranchen der deutschen Industrie, zu denen unter anderem der Fahrzeugbau und der Maschinenbau zählen, laufen Ende September aus. Hofmann hofft, dass die Verhandlungen im November abgeschlossen werden können, wenn alles gut läuft. Warnstreiks sind nach Ablauf der Friedenspflichten vom 29. Oktober an möglich.

Nach Einschätzung Hofmanns kann die Tarifpolitik allerdings nicht allein den Ausgleich für die gestiegene Inflation leisten. Der Erste Vorsitzende der grössten deutschen Einzelgewerkschaft mahnt daher weitere staatliche Entlastungen an. Dazu zählt er ein drittes Entlastungspaket für 2023. Zudem fordert er einen Gaspreisdeckel, um den normalen Haushaltsverbrauch zu sichern, und eine Senkung des Strompreises. Auch eine Übergewinnsteuer befürwortet Hofmann, die zuletzt insbesondere mit Blick auf die hohen Gewinne der Mineralölkonzerne diskutiert wurde.

Kräftige Preissteigerungen für Energie und Lebensmittel hatten die Teuerungsrate in Deutschland im Mai auf 7,9 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren getrieben. Die Bundesbank erwartet für das Gesamtjahr eine Teuerungsrate von 7,1 Prozent gemessen am sogenannten harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI). Diesen zieht die Europäische Zentralbank für ihre Geldpolitik heran. Im Mai lag der HVPI in Deutschland um 8,7 Prozent über Vorjahresniveau.

Nach einer aktuellen Umfrage des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall führen die hohen Energie- und Materialkosten sowie die wirtschaftlichen Unsicherheiten aufgrund des Ukraine-Kriegs in der Metall- und Elektroindustrie allerdings zu grosser Verunsicherung. Jedes fünfte der mehr als 1400 teilnehmenden Unternehmen sieht sich aufgrund des aktuellen wirtschaftlichen Umfelds demnach existenziell gefährdet./mar/maa/DP/mis

(AWP)