"Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass es bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens besser ist, auf dem Fahrersitz zu sitzen und den Kurs mitzubestimmen - damit wir möglichst unfallfrei durch diese Entwicklung kommen", sagte KVWL-Vorstand Thomas Müller. Die KVWL reagierte damit auf die Kehrtwende der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein, die sich am Montag vorläufig aus der Einführung des E-Rezepts zurückgezogen hatte.

Ursprünglich sollte das Pilotprojekt am 1. September gleichzeitig in Westfalen-Lippe und in Schleswig-Holstein starten. Eigentlich war die Einführung des elektronischen Rezepts für verschreibungspflichtige Medikamente in Deutschland für 2020 geplant, wurde jedoch mehrmals aufgeschoben.

Onlineapotheken investieren viel

Beim E-Rezept bekommen gesetzlich Versicherte kein rosa Zettelchen mehr, sondern einen Code auf ihr Smartphone, mit dem sie das gewünschte Medikament von der Apotheke erhalten. Wer die dafür nötige App nicht hat oder kein Smartphone benutzt, bekommt den Code ausgedruckt auf einem Zettel.

Der Online-Verkauf von rezeptpflichtigen Medikamenten führt in Deutschland ein Nischendasein, das Potenzial wäre jedoch nach Ansicht der Schweizer Versandapotheke Zur Rose gross. Entsprechend viel hat die Thurgauer Online-Apotheke in Vorbereitung auf das E-Rezept investiert. Im nördlichen Nachbarland ist der Konzern mit Deutschlands bekanntester Apothekenmarke DocMorris präsent.

KVWL: Umsetzbar in drei Monatn

Die KVSH begründete ihren Ausstieg damit, dass eine mailbasierte Umsetzung des E-Rezepts nach dem Landesdatenschutzgesetz untersagt sei. Damit sei der für Patienten praktikabelste Weg versperrt. Digitale Lösungen, die Praxen und Patienten gleichermassen nutzten, seien momentan nicht umsetzbar.

Auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe hält eine digitale Lösung zur Übertragung des E-Rezepts für unentbehrlich, hofft im Gegensatz zur KVSH aber offenbar auf eine schnelle Lösung der Probleme. Die KVWL erwarte von der für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte zuständigen halbstaatlichen Firma Gematik, dem Bundesgesundheitsministerium und den Apothekenverwaltungssystem-Herstellern, dass das E-Rezept spätestens in drei Monaten mit der elektronischen Gesundheitskarte übertragen und eingelöst werden könne. "Das ist die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Einführung des E-Rezepts und nicht verhandelbar."

rea/DP/mis/ra/tv

(AWP)