An der Börse wurden die Nachrichten nach einem anfänglichen Kursrutsch positiv aufgenommen. Die Merck-Aktie gewann zuletzt knapp zwei Prozent auf 164,05 Euro und gehörte damit zu den stärksten Titeln im Dax. Ein Händler sagte am Morgen, die Jahresziele hätten die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten verfehlt. Allerdings liege das erste Quartal über den Zielspannen. Mit dem Plus nach den Zahlen reduzierte die Aktie ihren bisherigen Jahresverlauf auf rund neun Prozent.

Merck hatte während der Pandemie in seinem Laborgeschäft lange von der starken Nachfrage von Impfstoffherstellern und -forschern profitiert. Doch mit dem Abflauen des Virus reduzierten sich die Corona-Umsätze dort zuletzt deutlich. Auch kämpft der Konzern im Geschäft mit Flüssigkristallen seit langem mit Konkurrenz aus Asien.

Zudem setzen die mit der Inflation gestiegenen Kosten dem Konzern seit einiger Zeit zu. Das Management hatte deshalb bereits im Frühjahr eine vorsichtige erste Prognose abgegeben, traditionellerweise wird diese dann nach dem ersten Quartal konkret beziffert. Inzwischen zeige sich jedoch, dass die Schwäche im Halbleitermarkt deutlicher ausfallen werde als zunächst angenommen, hiess es vom Konzern nun dazu. Auch dürften Wechselkurseffekte stärker belasten als zuvor angenommen.

Der Umsatz soll demnach im laufenden Jahr bei 21,2 bis 22,7 Milliarden Euro herauskommen. Nach 22,2 Milliarden Euro im Vorjahr sind damit 2023 sowohl ein Zuwachs als auch ein Rückgang möglich. Das bereinigte Betriebsergebnis dürfte jedoch auf 6,1 bis 6,7 Milliarden Euro sinken verglichen mit 6,8 Milliarden im vergangenen Jahr. Organisch dürfte das Ergebnis damit im schlechtesten Fall um fünf Prozent zurückgehen und bestenfalls stabil bleiben.

Im ersten Quartal konnten die Darmstädter ihren Umsatz abseits von Übernahmen und Wechselkurseffekten nur noch moderat auf rund 5,3 Milliarden Euro ankurbeln. Nominal betrug die Steigerung knapp zwei Prozent. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) ging im Vergleich zum Vorjahr um knapp drei Prozent auf rund 1,59 Milliarden Euro zurück. Analysten hatten hier mit noch weniger gerechnet. Nach Steuern sank der Gewinn um knapp zehn Prozent auf 800 Millionen Euro.

Ein Einbruch im Flüssigkristallgeschäft sorgte derweil von Januar bis März in Mercks kleinster Sparte Electronics für einen Umsatzrückgang. Das Ergebnis des Bereichs brach noch stärker ein. Auch das im vergangenen Jahr zugekaufte Chemiegeschäft von Mecaro aus Korea belastete. Der Merck-Vorstand geht zwar davon aus, dass sich der Halbleitermarkt in der zweiten Jahreshälfte wieder erholen wird, "allerdings später und von einer niedrigeren Basis als ursprünglich angenommen".

In der Laborsparte konnte Merck die fehlenden Corona-Umsätze durch ein weiteres Wachstum im Kerngeschäft insbesondere mit Produkten und Dienstleistungen für die wissenschaftliche Forschung ausgleichen. Allerdings lag der Erlös der Sparte nur noch hauchdünn über dem Vorjahr, dabei verzeichnete Merck hier einen leichten Ergebnisrückgang. In der Pandemie war das Laborgeschäft noch regelmässig der wichtigste Wachstums- und Gewinntreiber gewesen.

Diesmal trugen von Januar bis März vor allem Mercks jüngere Kassenschlager aus der Pharmasparte zum Geschäftswachstum bei, vornehmlich das Krebsmedikament Bavencio und Mavenclad zur Behandlung der schubförmigen Multiple Sklerose. Der Umsatz der Sparte kletterte um gut sechs Prozent, das bereinigte Betriebsergebnis stieg um mehr als elf Prozent./tav/stw/zb

(AWP)