Der Erlös des ersten Quartals war im Vergleich zum Vorjahr um gut die Hälfte auf 62,3 Millionen Euro geklettert, wie Morphosys am späten Mittwochabend in Planegg mitgeteilt hatte. Damit habe das Unternehmen die durchschnittlichen Erwartungen am Markt um 22 Prozent geschlagen, schrieb James Gordon von der US-Investmentbank JPMorgan in einer ersten Reaktion. Seine eigenen Annahmen seien sogar um fast ein Drittel getoppt worden.

Der Branchenexperte machte für die positive Überraschung vor allem die höheren Lizenz- und Meilenstein-Zahlungen im Quartal verantwortlich, die auf mehr als das Dreieinhalbfache angestiegen waren. Morphosys profitierte in den drei Berichtsmonaten bis Ende März zudem von einem lebhafteren Geschäft mit seinem Blutkrebsmedikament Monjuvi. Dieses spülte 20,8 Millionen Dollar (19,4 Millionen Euro) in die Konzernkasse, ein Jahr zuvor waren es noch 18,7 Millionen Dollar gewesen. Ausserhalb der Vereinigten Staaten hält der Partner Incyte die Vermarktungsrechte - als Lizenzgebühren flossen 700 000 Euro an Morphosys.

Ergebnisseitig steckt das Unternehmen weiter in den roten Zahlen. Zwar sanken die Vertriebskosten im vergangenen Quartal, doch gab der Krebsspezialist über ein Viertel mehr für die Forschung und Entwicklung aus als im Vorjahr. Hier schlugen zuletzt zusätzliche Kosten für wichtige Medikamentenstudien zu Buche. Der operative Verlust erhöhte sich so auf 69,5 Millionen Euro daher leicht.

Laut JPMorgan-Analyst Gordon ist der Fehlbetrag beim Betriebsergebnis wegen der höheren Investitionen damit überraschend hoch ausgefallen. Und auch Rajan Sharma von Goldman Sachs hatte mit einem besseren Resultat gerechnet, er machte hierfür auch Kosten im Zusammenhang mit der jüngst verkündeten Restrukturierung verantwortlich. So hatte Morphosys im März die Einstellung seiner präklinischen Forschungsprogramme und den Abbau von rund 70 Stellen am Firmensitz bekannt gegeben.

Unter dem Strich konnten die Bayern den Fehlbetrag durch höhere Finanzerträge zwar um rund zwei Drittel auf 44,4 Millionen Euro reduzieren; allerdings handelt es sich hier um einen reinen Bewertungseffekt, der aus der Neueinschätzung von Verbindlichkeiten innerhalb von Kooperationen resultiert. Diese können von Quartal zu Quartal schwanken.

Seine Jahresprognose bestätigte der Vorstand, demnach schliesst das Führungsteam um Unternehmenslenker Jean-Paul Kress weiterhin auch einen Rückgang der Umsätze mit Monjuvi in diesem Jahr nicht aus. Das Medikament leidet unter Konkurrenzdruck, weshalb Morphosys die Suche nach neuen Erlösquellen in der Vergangenheit forcierte. 2021 hatte der Konzern dann für rund 1,7 Milliarden Dollar das US-Biotechunternehmen Constellation Pharmaceuticals übernommen.

Dadurch hatten sich die Bayern mit dem Krebsmedikament Pelabresib einen weiteren Hoffnungsträger neben Monjuvi ins Haus geholt. Derzeit konzentriert sich das Unternehmen voll und ganz auf seine Forschung an beiden Medikamenten. Da die Studien allerdings reichlich Geld verschlingen, griff der Konzern in der Vergangenheit bereits zu einigen Sparmassnahmen, der Stellenabbau ist nun ein weiterer Schritt.

Der Vorstand hatte sich zuletzt aber immer wieder optimistisch gezeigt, dass die Dürrephase bald enden könnte. Denn mittelfristig will Morphosys auch dank einer erhofften Zulassung für Pelabresib wieder in die schwarzen Zahlen zurückkehren. Daten einer zulassungsrelevanten Studie werden bis Jahresende erwartet. Das Mittel wird aktuell bei Myelofibrose getestet. Dabei handelt es sich um eine schwer zu behandelnde Form von Blutkrebs, die unter anderem zu einer Knochenmarkfibrose führt.

Laut JPM-Morgan Analyst Gordon richtet sich damit weiterhin alle Aufmerksamkeit am Markt auf Pelabresib. Für Monjuvi indes hält er es sogar für wahrscheinlich, dass Morphosys seine Umsatzziele für 2023 senken muss. Damit würde sich die Geschichte wiederholen, denn schon 2022 war der Vorstand zurückgerudert. Goldman-Experte Sharma hingegen sieht Morphosys nach dem ersten Quartal mit Monjuvi auf Kurs zum angepeilten Erlös von 80 bis 95 Millionen Dollar./tav/ngu/mis

(AWP)