Der weltgrösste Nahrungsmittelhersteller hob die Preise im Geschäftsjahr 2022 über die gesamte Gruppe um 8,2 Prozent an. Während der Umsatz in anderen Zeiten von Mehrverkäufen getrieben wird, wächst er im inflationären Umfeld vor allem dank Preiserhöhungen. "Die Art des Wachstums hat sich geändert", kommentierte CEO Mark Schneider die am Donnerstag veröffentlichten Zahlen.

Zusammen mit einem Plus von 0,1 Prozent durch Volumen- und sogenannte Mix-Effekte - also die Umschichtung des Sortiments von günstigeren auf teurere Waren - ergab sich ein organisches Wachstum von 8,3 Prozent.

Schwierige Verhandlungen

Nestlé konnte die Preiserhöhungen offenbar recht erfolgreich bei den Kunden durchsetzen - viele Analysten hatten mit einem leicht geringeren Plus gerechnet. Dabei sind diese Preisverhandlungen oft schwierig: Detailhändler nehmen gerne einmal Produkte aus ihren Gestellen, wenn sie sich mit den Lieferanten nicht einig werden über deren Forderungen.

Wie hart die Verhandlungen tatsächlich waren, wollte Firmenchef Schneider nicht kommentieren, räumte jedoch ein, dass das Verhältnis zwischen Lieferanten und Detailhändlern in Zeiten steigender Preise nicht immer einfach sei.

Volumenrückgang laut Management nicht nur wegen Preiserhöhungen

Wenn ein Unternehmen die Preise erhöht, muss es genau beobachten, wie sich die Verkaufsvolumen verhalten. Werden die Produkte für die Konsumenten nämlich zu teuer, steigen viele auf günstigere Alternativen um. Diesen sogenannten "Down-Trading-Effekt" sieht Nestlé laut Finanzchef François-Xavier Roger derzeit noch nicht.

Doch die Zahlen für das zweite Halbjahr sprechen zumindest teilweise dafür, dass die Volumina mit steigenden Preisen abnehmen. Im dritten und vierten Quartal wies Nestlé nämlich erstmals seit vielen Jahren einen Rückgang bei Volumen und Mix - dem sogenannten Real Internal Growth RIG - aus.

Schneider und Roger betonten allerdings an der virtuellen Pressekonferenz am Donnerstag, der Rückgang des RIG habe noch andere Ursachen. Als Grund gaben die Verantwortlichen beispielsweise auch Kapazitätsengpässe an, etwa beim Perrier-Mineralwasser. Und auch Umstellungen beim Angebot hätten teils zu sinkenden Volumen geführt.

Ballast abgeworfen

Nestlé ist nämlich weiterhin dabei, sein Portfolio auf Vordermann zu bringen. Als jüngste Beispiele nannte Schneider die Aufgabe des Tiefkühlgeschäfts in Kanada oder die Trennung von gewissen Milchprodukten in Brasilien - weitere Beispiele sollen laut dem CEO in 2023 hinzukommen.

Stattdessen konzentriert sich die Gruppe auf Produkte mit höheren Margen und Wachstumspotenzial wie Hundefutter oder Kaffee. Diese beiden Kategorien waren denn auch im Berichtsjahr die grössten Wachstumstreiber.

Der Betriebsgewinn lag zwar mit 16,1 Milliarden Franken höher als die 15,1 Milliarden im Vorjahr. Übrig blieben jedoch "nur" 17,1 Prozent des Umsatzes als Betriebsgewinn. Damit war das Unternehmen etwas weniger profitabel als noch im Jahr davor, als die Betriebsgewinn-Marge noch bei 17,4 Prozent lag.

Für das Jahr 2023 rechnet Nestlé nun mit einer Marge zwischen 17,0 und 17,5 Prozent. Um das zu erreichen, dreht Nestlé jedoch weiter an der Preisschraube. Vor allem in Ländern wie den USA oder Grossbritannien sei die Inflationsrate noch sehr hoch. In solchen Märkten würden auch weiterhin die Preise angepasst, sagte Schneider. "Wir werden dabei jedoch bedächtig vorgehen."

tv/tt

(AWP)