Der Nestlé-Umsatz erreichte von Januar bis September 69,1 Milliarden Franken. Aus eigener Kraft, also Zukäufe und Wechselkursveränderungen herausgerechnet, betrug das Plus 8,5 Prozent. Für das Gesamtjahr sieht sich Konzern damit auf Kurs und stellt nun ein Wachstum von 8 Prozent in Aussicht, nach zuvor 7 bis 8 Prozent.
Getrieben ist das Plus in den ersten neun Monaten hauptsächlich von Preiserhöhungen, die den Umsatz um 7,5 Prozent steigen liessen, wie Nestlé am Mittwoch mitteilte. Mit den Preiserhöhungen will Nestlé die gestiegenen Kosten im Einkauf, für Arbeitskräfte, Energie und Transport an die Kunden weiterreichen.
Spagat zwischen Preis und Mengen
Dabei gelang dem Konzern bisher der schwierige Balanceakt, die Preise anzuheben, ohne die Nachfrage zu stark zu belasten. Trotz der Preiserhöhungen legten die verkauften Mengen nämlich immer noch um 1,0 Prozent zu.
Nestlé-Chef Mark Schneider sprach in diesem Zusammenhang im Communiqué von einer "begrenzten Nachfrageelastizität". Die Elastizität bezeichnet das Verhältnis von Nachfrage und Preis: Bricht die Nachfrage bereits bei kleinen Preiserhöhungen ein, spricht man von einer hohen Elastizität - bleibt sie stabil, von einer geringen.
Typischerweise halten Konsumenten vor allem bei Produkten für den Grundbedarf oder Luxusgütern am Kauf fest, selbst wenn die Preise steigen. Produkte, die dazwischen liegen und leichter austauschbar sind, sind dagegen stärker betroffen. Nestlé hat dabei den Vorteil, sowohl beim Grundbedarf als auch bei den Luxusgütern stark vertreten zu sein. Insbesondere den Anteil an Premiumprodukten hat der Konzern zuletzt stark ausgebaut. Heute machen sie rund 35 Prozent des Umsatzes aus, vor zehn Jahren lag der Anteil noch bei 11 Prozent.
Schrittweise Aufschläge
Dazu kommt, dass Nestlé bei den Preiserhöhungen sehr behutsam vorgeht: Beispielsweise erhöht der Konzern die Preise nicht auf einen Schlag, sondern schrittweise, wie Finanzchef François-Xavier Roger kürzlich an einer von Barclays organisierten Investorenkonferenz erklärt hatte. Ein Aufschlag von 10 Prozent werde beispielsweise auf 3 Etappen zu jeweils 3 Prozent aufgeteilt.
Dennoch ist auch Nestlé nicht ganz vor den Gesetzen der Nachfrageelastizität gefeit: Im dritten Quartal gingen die verkauften Mengen erstmals seit mehreren Jahren zurück, wenn auch mit -0,2 Prozent nur geringfügig. Dies, nachdem Nestlé die Preise um rekordverdächtige 9,5 Prozent angehoben hatte.
Dabei ist zu beachten, dass die Konsumenten generell aufgrund der Inflation weniger Geld im Portemonnaie haben. "Das schwierige wirtschaftliche Umfeld bereitet vielen Menschen Sorgen und beeinträchtigt ihre Kaufkraft", sagte Schneider im Communiqué. Deshalb lege Nestlé Wert darauf, die Produkte erschwinglich und zugänglich zu halten.
Weitere Preiserhöhungen angekündigt
Die Kosten und damit auch die Preise dürften derweil weiter steigen: Wie Schneider unlängst in einem Interview sagte, erwartet er 2023 weitere Steigerungen unter anderem aufgrund von Lohnerhöhungen.
Ob Nestlé auch künftig Preiserhöhungen durchsetzen kann, ohne das Mengenwachstum abzuwürgen, muss sich noch zeigen. Dazu kommt, dass die gegenwärtige Entwicklung auch auf die Profitabilität drückt. Dieses Jahr jedenfalls dürfte die Betriebsmarge laut Nestlé bei rund 17,0 Prozent etwas tiefer zu liegen kommen als im Vorjahr mit 17,4 Prozent. Dies ist vor allem auf die zeitliche Verzögerung zurückzuführen, mit der die Kostensteigerungen über Preiserhöhungen an die Konsumenten weitergereicht werden.
Die Unsicherheiten bleiben insgesamt gross. Obwohl das vorgelegte Zahlenset und die Stärke von Nestlé reihum von Analysten gelobt wurde, verloren die Aktien von Nestlé zum Börsenschluss 1,3 Prozent.
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(AWP)