Die Nokia-Aktie legte am Morgen zeitweise um gut sieben Prozent zu. Am späten Vormittag war sie mit einem Plus von noch 4,4 Prozent immer noch Spitzenreiter im Eurozonen-Index EuroStoxx 50 . Dabei hatten Analysten bei Betrachtung der Jahreszahlen mehrere Schwachstellen entdeckt.

So hätte der operative Gewinn ohne den grossen Lizenzvertrag im vierten Quartal die Markterwartungen verfehlt, schrieb Branchenexperte Terence Tsui von der US-Bank Morgan Stanley. Und aus Sicht seines Kollegen Simon Coles von der britischen Bank Barclays steht Nokia bei den Margen in der Mobilfunktechnik unter dem gleichen Druck wie Ericsson .

Der schwedische Konkurrent hatte in der vergangenen Woche einen überraschend starken Gewinnrückgang vermeldet, nachdem mehrere seiner Kunden aus den USA ihre Ausgaben für den Ausbau ihrer 5G-Netze zurückgefahren hatten. Bei Nokia ging es zuletzt hingegen weiter aufwärts - auch in der Netzwerksparte.

Konzernweit legte der Umsatz der Finnen im vierten Quartal um 16 Prozent zu. Für das Gesamtjahr stand damit ein Anstieg um zwölf Prozent auf 24,9 Milliarden Euro zu Buche, wie der Netzwerkausrüster am Morgen im finnischen Espoo mitteilte. Der operative Gewinn wuchs auf vergleichbarer Basis um zwölf Prozent auf 3,1 Milliarden Euro. Damit übertraf Nokia die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten.

Der Überschuss fiel mit knapp 4,3 Milliarden Euro sogar gut zweieinhalbmal so hoch aus wie im Vorjahr. Das lag allerdings unter anderem an Steuer- und Währungseffekten. Auf vergleichbarer Basis stieg der Gewinn um 18 Prozent auf knapp 2,5 Milliarden Euro. Die Nokia-Aktionäre sollen nun eine Dividende von 12 Cent je Anteilsschein erhalten. Auch hier hatten Analysten weniger erwartet.

Einnahmen aus Lizenzen, wie sie im vierten Quartal sprudelten, machen sich in Nokias Ergebnissen besonders deutlich bemerkbar. Denn in diesem Geschäft gibt es kaum laufende Kosten. Im vergangenen Jahr blieb in der entsprechenden Technologies-Sparte fast 76 Prozent des Umsatzes als operativer Gewinn hängen.

Dabei litten die Lizenzeinnahmen zuletzt unter einem Patentstreit zwischen Nokia und den chinesischen Smartphone-Herstellern Oppo und Vivo. In Deutschland wurden Smartphone-Verkäufe von Oppo und der Schwestermarke Oneplus wegen der Patentstreitigkeiten gar gestoppt. Gefährdet sind auch die Marken Vivo und Realme, die wie Oppo und Oneplus zum chinesischen BBK-Konzern gehören.

Nokia zählt gegen Oppo, Oneplus und Realme mehr als 30 laufende Verfahren in Europa und Asien - dabei geht es um Technik rund um Mobilfunkstandards, Sicherheits- und Bedienungsfunktionen. Oppo und Vivo haben ihrerseits Schritte gegen Nokia eingeleitet. Im Kern geht es darum, dass BBK für seine Marken pro Smartphone Lizenzgebühren zahlen soll, um Nokias 4G/5G-Technik zu nutzen.

Hatte Nokia wie andere Industrieunternehmen zwischenzeitlich unter der weltweiten Knappheit von Mikrochips gelitten, sieht Konzernchef Lundmark inzwischen eine Entspannung der Lage. "Die Situation hat sich so gut wie normalisiert", sagte er im Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg. Allerdings seien die Vorlaufzeiten in der Versorgung weiterhin ungewöhnlich lang.

Für das laufende Jahr rechnet der Manager dennoch mit einem weiteren Geschäftswachstum. So soll der Umsatz 2023 mit 24,9 Milliarden Euro mindestens das Niveau aus dem Vorjahr halten - oder sogar auf bis zu 26,5 Milliarden Euro steigen. Die vergleichbare operative Marge soll 11,5 bis 14 Prozent erreichen. Im vergangenen Jahr hatte sie bei 12,5 Prozent gelegen.

Mit ihren Prognosen für 2023 liegt die Nokia-Führung im Rahmen dessen, was die von Bloomberg erfassten Experten zuletzt erwartet hatten. Die Analysten von Goldman Sachs und JPMorgan bewerteten den Ausblick der Finnen sogar als besser als am Markt erwartet./stw/tav/mis

(AWP)