An der Börse wurden die Nachrichten gemischt aufgenommen. Die Airbus-Aktie verlor kurz nach Handelsstart rund zwei Prozent, machte die Verluste aber bald wett. Zuletzt lag sie minimal im Plus bei 106,20 Euro und gehörte damit immerhin zu den stärkeren Werten im Dax, der rund ein Prozent verlor. Analysten zeigten sich von Airbus' Gewinnspanne im Geschäft mit Verkehrsflugzeugen enttäuscht. Die Segmente Hubschrauber, Rüstung und Raumfahrt hätten hingegen positiv überrascht, schrieb Branchenexpertin Chloe Lemarie vom Analysehaus Jefferies.
Im dritten Quartal erzielte Airbus einen Umsatz von 13,3 Milliarden Euro und damit 27 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der um Sonderposten bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) legte um 26 Prozent auf 836 Millionen Euro zu. Der Überschuss sprang auch dank eines positiven Steuereffekts sogar um 65 Prozent auf 667 Millionen Euro nach oben. Während Umsatz und Überschuss höher ausfielen als von Analysten erwartet, verfehlte der bereinigte operative Gewinn die durchschnittlichen Prognosen der Branchenexperten.
Unterdessen kommt der starke Dollar dem Unternehmen zupass. Flugzeuge werden weltweit grundsätzlich in der US-Währung gehandelt. Weil der Dollar im Verhältnis zum Euro in diesem Jahr deutlich an Wert gewonnen hat, kommt für den europäischen Airbus-Konzern mehr Geld heraus.
Der freie Barmittelzufluss vor Fusionen und Kundenfinanzierungen werde mit 4,5 Milliarden Euro daher rund eine Milliarde höher ausfallen als bisher gedacht, kündigte die Konzernführung an. Beim Gewinn schlägt der Währungseffekt jedoch kaum zu Buche, denn Airbus hat sich wie viele andere Unternehmen grossenteils mit Finanzgeschäften gegen Währungsschwankungen abgesichert. So peilt die Konzernspitze für 2022 weiterhin einen bereinigten operativen Gewinn von etwa 5,5 Milliarden Euro an.
Unterdessen erholt sich die Luftfahrtbranche weiter von dem Geschäftseinbruch in der Corona-Krise. Der Luftverkehr wachse trotz der hohen Inflation und der gestiegenen Treibstoffpreise stärker als gedacht, sagte Airbus-Chef Guillaume Faury in einer Telefonkonferenz. Auch die Nachfrage der Airlines nach neuen Flugzeugen sei weiter stark.
So sammelte Airbus in den ersten neun Monaten des Jahres Bestellungen über 856 Passagier- und Frachtmaschinen ein, mehr als dreimal so viele wie im Vorjahreszeitraum. Nach Abzug von Stornierungen waren es immerhin 647 Stück. Ende September belief sich der Auftragsbestand auf knapp 7300 Maschinen. Im laufenden Jahr will Airbus weiterhin 700 Verkehrsflugzeuge an seine Kunden übergeben. Doch bis Ende September waren es erst 437 Stück. Schon im Juli hatte Faury das ursprüngliche Ziel von 720 Maschinen kassieren müssen.
Denn die angespannten Lieferketten in der Welt bereiten Airbus wie anderen Konzernen weiterhin Probleme. Weil Teile von Zulieferern zu spät einträfen, gebe es immer wieder Leerlaufzeiten, und die Produktion sei weniger effizient, berichtete Faury. Allerdings hätten die Triebwerkshersteller ihre Lieferpläne in den vergangenen Monaten wieder eingehalten. Im Sommer hatten sich die Flugzeugbauer Airbus und Boeing noch über fehlende Triebwerke beklagt.
Vor allem die Mittelstreckenjets der Airbus-Modellfamilie A320neo sind stark gefragt - besonders die Langversion A321neo. Um den Auftragsberg zu bewältigen, will Airbus die Produktion der gesamten A320neo-Reihe bis Anfang 2024 auf das Rekordniveau von 65 Jets pro Monat hochfahren. Im Jahr 2025 sollen es sogar monatlich 75 Maschinen werden - wenn die Zulieferer mitspielen.
Unterdessen müssen Airbus und seine Kunden bei einem wichtigen Hoffnungsträger eine weitere Verzögerung hinnehmen: So dürfte die neue Langstreckenversion der A321neo mit dem Namen A321XLR nach neuester Einschätzung des Managements erst im zweiten Quartal 2024 in Dienst gehen. Zuletzt hatte das Management von Anfang 2024 gesprochen, nachdem sich das ursprüngliche Ziel - Ende 2023 - als unrealistisch erwiesen hatte.
Der Jet soll dank eines zusätzlichen Treibstofftanks im Rumpf hinter den Tragflächen und eines optionalen weiteren Tanks auf eine Reichweite von bis zu 8700 Kilometern kommen. Damit kann die Maschine etwa Strecken von Mitteleuropa über den Atlantik ohne Zwischenstopp bewältigen. Schon vor dem Erstflug des ersten Prototyps im Juni hatte Airbus mehr als 500 Bestellungen für das Modell eingesammelt. Inzwischen geht es vor allem um die Zulassung durch die Behörden. Dabei stand bisher der Brandschutz am hinteren Zusatztank unter der Passagierkabine im Fokus./stw/niw/jha/
(AWP)