Derzeit haben sich knapp 400'000 Glasfaseranschlüsse angesammelt, die nicht aufgeschaltet werden können, weil die Eidgenössische Wettbewerbskommission (Weko) den Glasfaserausbau der Swisscom im Dezember 2020 gestoppt hatte. Denn die Kartellwächter halten die von der Swisscom geänderte Netzarchitektur mit nur einer Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht für wettbewerbswidrig.
Die Weko pocht auf einen Ausbau mit einer Zuleitung für jeden Haushalt. Nur so können Konkurrenten der Swisscom den Kunden eigene Internetangebote machen, die sich von jenen der Swisscom unterscheiden, und beispielsweise höhere Surfgeschwindigkeiten anbieten als der "Blaue Riese". Zudem erhält so jeder Haushalt eine Direktleitung in die Telefonzentrale und muss sich nicht die Zuleitung mit den Nachbarn teilen.
Allerdings ist diese Bauweise teurer als nur eine Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht vor den Häusern zu verlegen. Die Swisscom hat aus Kostengründen auf die billigere Variante gewählt und trotz des Vetos der Wettbewerbshüter lange daran festgehalten.
Unter Druck eingeknickt
Nun ist aber der Druck zu gross geworden. Das Verfahren der Weko dauere viel länger als ursprünglich gedacht, erklärte Swisscom-Chef Christoph Aeschlimann vor den Medien: Und so habe man sich im Interesse der Kunden für die Kehrtwende entschieden. Denn es sei nicht im Sinne der Kunden, dass die Swisscom jedes Quartal zehntausende oder hunderttausend Glasfaseranschlüsse baue, die nicht genutzt werden könnten.
Neu baut der Konzern wieder grösstenteils Direktleitungen von der Telefonzentrale bis zu den Haushalten. Und bei den bisher bereits gebauten knapp 400'000 Anschlüssen, die blockiert sind, werden die Zuleitungen teilweise nachtäglich erweitert. Damit können sie wieder in Betrieb genommen werden.
Ausbauziele gestutzt
Dies wird naturgemäss teurer, weil mehr Leitungen verlegt und mehr Strassen aufgerissen werden müssen. Deshalb stutzt die Swisscom ihre Ausbauziele: "Wir werden circa 250'000 Anschlüsse weniger bauen als ursprünglich kommuniziert", sagte Aeschlimann.
Insgesamt würden bis Ende 2025 so lediglich 1,25 bis 1,3 Millionen zusätzliche Glasfaseranschlüsse gebaut und eine Abdeckung von 50 bis 55 Prozent der Bevölkerung erreicht. Bislang hatte der Konzern rund 1,5 Millionen zusätzliche Haushalte und Geschäfte mit den schnellen Leitungen erschliessen und die Abdeckung so auf rund 60 Prozent steigern wollen. Bis 2030 soll dann eine Abdeckung von 70 bis 80 Prozent vergrössert werden.
Umbau dauert Jahre
Der Umbau der blockierten knapp 400'000 Glasfaseranschlüsse auf die neue Punkt-zu-Punkt-Bauweise werde eine längere Zeit dauern, sagte Aeschlimann. Bis Ende 2025 werde man davon nur etwas mehr als die Hälfte umgebaut haben. Der Rest erfolge bis 2030.
Das Umschwenken bei der Bauweise bedeute aber nicht, dass das Hauptverfahren der Weko zum Glasfaserstreit obsolet sei, sagte Aeschlimann: "Das läuft weiterhin. Wir sind weiterhin überzeugt, dass Multipunkt die richtige Bauweise ist. Denn 90 Prozent der Welt baut so. Das Verfahren wird weitergeführt. Wir sind weiterhin im Gespräch mit der Weko für eine Einigung."
Auch die Weko sucht weiterhin eine einvernehmliche Regelung mit der Swisscom. "Eine Verfügung wäre der Plan B", sagte Weko-Direktor Patrik Ducrey.
Der Telekomanbieter Init7, der einer der Protagonisten im Glasfaserstreit mit der Swisscom ist, begrüsste die Kehrtwende des "Blauen Riesen". Allerdings fordert Init7 nun eine vollständige Umsetzung der geänderten Bauweise für Glasfasernetze.
jb/gab/cg
(AWP)
1 Kommentar
Die Schweizer Bevölkerung sollte Init7 wegen Schadenersatz verklagen. Fredy Künzler hört sich gerne reden ist aber Schlussendlich politisch motiviert und kostet jeden Unternehmer der den Glasanschluss seit einem Jahr nicht machen konnte viel Geld. Hoffentlich verliert Init7 auf Grund dieser Art und Weise viele Kunden. Die WEKO hat auch ein Problem, Behörden geben in der Regel nicht gerne einen Fehler zu. Hier wäre zu wünschen, dass auch in der WEKO die Fehlerkultur lebt und man auch als Behörde einen falschen Entscheid zugeben und korrigieren kann. Schlussendlich ist es für die ganze Schweiz ein Desaster.