Am Finanzmarkt ging der Talanx-Aktie am Montag die Luft aus. Bis zum Nachmittag verlor die Aktie 1,93 Prozent an Wert auf 33,505 Euro und war damit einer der schwächsten Titel im MDax. Das Investmenthaus Mainfirst sieht für die Aktien nach ihrem zuletzt guten Lauf kaum noch Luft nach oben. Derzeit kosten sie über 40 Prozent mehr als zu ihrem Zwischentief im Februar 2016. Die Gewinnziele für 2016 und 2017 hatte der Vorstand schon vergangenen Monat angehoben.

Im abgelaufenen Jahr steigerte Talanx den Überschuss um 24 Prozent auf den neuen Höchstwert von 907 Millionen Euro. Dazu trug neben einem Rekordgewinn der Mehrheitsbeteiligung Hannover Rück ein nahezu verdoppelter Profit in der Industrieversicherung bei, wo sich Talanx von unrentablen Verträgen getrennt hatte. Der gebeutelten Privat- und Firmenversicherung in Deutschland gelang die Rückkehr in die schwarzen Zahlen.

Zu dem Rekordergebnis auf Konzernebene trugen neben geringen Katastrophenschäden auch steuerliche Sondereffekte bei. Haas hatte bereits im Februar einen Gewinn von gut 900 Millionen Euro angekündigt - rund 150 Millionen mehr als zuvor in Aussicht gestellt. Die Dividende soll von 1,30 auf 1,35 Euro steigen. Von Sonderdividenden, wie Talanx sie auch dieses Mal von der Hannover Rück bekommt, hält Haas wenig. Diese seien meist ein "kurzfristiges Feuerwerk." Er will die Ausschüttung lieber von Jahr zu Jahr stabil halten oder steigern.

Für 2017 peilt Talanx einen Überschuss von rund 800 Millionen Euro an. Den seit Februar etwas gewachsenen Optimismus verdankt der Manager erneut der Hannover Rück, an der der Konzern gut die Hälfte der Anteile hält. Der weltweit drittgrösste Rückversicherer steuert auf den dritten Milliardengewinn in seiner Geschichte zu.

Der Talanx-Konzern, der mit Grössen wie Allianz und Axa konkurriert, musste bei Prämieneinnahmen 2016 allerdings einen Rückgang um gut zwei Prozent auf 31,1 Milliarden Euro hinnehmen. Währungsschwankungen herausgerechnet, blieben die Einnahmen stabil. Das ist wichtig, weil Versicherer Schäden meist in denselben Währungen begleichen, in denen sie auch die Beitragseinnahmen verbucht haben.

Dabei wird das Auslandsgeschäft für Talanx immer wichtiger. "Das Ziel, bis 2018 mehr als 50 Prozent der Prämien in der Erstversicherung im Ausland zu erzielen, haben wir 2016 mit 49 Prozent nahezu erreicht", sagte Haas. Talanx hat Versicherer etwa in Polen und Chile übernommen und strebt weiter in die ferne Welt. In den nächsten Monaten sind laut Haas aber keine Zukäufe zu erwarten. Die Hannover Rück ist ohnehin weltweit aktiv, um Risiken breit zu streuen. Am Montag gab sie bekannt, dass sie ein Syndikat des Londoner Versicherungsmarkts Lloyd's übernimmt.

Im vergangenen Jahr profitierten Talanx und Hannover Rück von vergleichsweise geringen Grossschäden. Trotz der Waldbrände in Kanada und Hurrikan "Matthew" in den USA fielen sie mit 883 Millionen Euro vier Prozent niedriger aus als im Vorjahr. Ursprünglich hatte hatte die Talanx-Führung insgesamt sogar 1,125 Milliarden Euro eingeplant.

Zu spüren bekommt Talanx die Niedrigzinsen. Dass die Kapitalanlagen des Konzerns wie im Vorjahr eine Rendite von 3,6 Prozent abwarfen, lag lediglich daran, dass der Versicherer ältere, hochverzinste Papiere verkaufte, um die Zinszusatzreserve für alte Lebensversicherungen mit hohen Garantien aufzustocken. Für 2017 geht Finanzchef Immo Querner von einer Kapitalanlagerendite von mindestens 3,0 Prozent aus. 2016 habe Talanx freiwerdende Gelder im Schnitt zu 2,2 Prozent neu angelegt.

Wie andere deutsche Versicherer betrachtet Talanx die Lebensversicherung mit Garantiezins nicht mehr als zukunftsfähiges Geschäft. Der Konzern setzt inzwischen auf neuartige Vertragstypen, die weniger Kapital binden und den Kunden die Chance auf eine höhere Rendite bieten sollen.

Im gesamten deutschen Privat- und Firmenkundengeschäft hat der Vorstand einen gründlichen Umbau angeschoben. Durch Digitalisierung und Automatisierung sollen rund 930 Jobs wegfallen. Haas verspricht sich davon bis Ende des Jahrzehnts Einsparungen von 240 Millionen Euro. Laut Spartenchef Jan Wicke kommt Talanx dabei schneller voran als geplant. Zum Jahreswechsel sei mehr als die Hälfte der neuen Kfz-Versicherungsverträge online abgeschlossen worden./stw/she/jha/

(AWP)