Um 8.12 Uhr tauchen Temenos-Namenaktien im vorbörslichen Handel von Julius Bär um 16 Prozent auf einen Mittelkurs von 54,90 Franken. Der Gesamtmarkt (SMIM) liegt hingegen um 0,58 über dem Schlussstand vom Vortag.

In Analystenkreisen zeigt man sich ziemlich konsterniert. Angesichts des schwierigen Marktumfelds sei zwar klar gewesen, dass das dritte Quartal für Temenos ein eher schwächliches werden könnte. Dass das Tagesgeschäft derart stark darunter leiden würde komme nun aber doch ziemlich überraschend, wie es weiter heisst.

Für Gesprächsstoff sorgt nicht zuletzt der starke Rückgang bei den Lizenzeinnahmen um 20 Prozent auf 76,3 Millionen Dollar. Experten hatten hier durchschnittlich eigentlich mit einer Zunahme auf 108,2 Millionen Dollar gerechnet. Auf Stufe EBIT werden die Markterwartungen sogar um mehr als 50 Prozent verfehlt.

Der Gewinneinbruch zwingt den Bankensoftwarehersteller zu einer Reduktion seiner diesjährigen Ziele. Diese liegen beim EBIT neuerdings um mehr als 20 Prozent unter den Erwartungen der Analysten. Das hat auch personelle Konsequenzen, verlässt der Chief Revenue Officer das Unternehmen nach nur sieben Monaten doch wieder.

Selbst die britische Barclays will bei ihren Schätzungen nun den dicken Rotstift ansetzen. Und das, obwohl sie mit ihren Annahmen schon seit längerer Zeit auf der eher vorsichtigen Seite lag. Aus Sicht der Grossbank bleibt die Frage, was Temenos denn nun mit der hohen Fixkostenbasis vor hat, vorerst unbeantwortet.

Jefferies wiederum zögert nicht lange und streicht das Kursziel für die Aktien auf 55 (74) Franken zusammen. Die US-Investmentbank trägt damit ihren deutlich tieferen Gewinnerwartungen für das Unternehmen Rechnung. Jefferies sieht auch für 2023 gewisse Unsicherheiten vom jetzigen Gewinneinbruch ausgehen.

Für die Basler Kantonalbank war schon nach der Veröffentlichung des Halbjahresabschlusses klar, dass zur Zielerreichung mehrere grössere Aufträge notwendig gewesen wären. Diese blieben aufgrund der aktuellen makroökonomischen Lage jedoch aus. Noch offen sei der Vertragsabschluss mit einer grossen US-Bank. Ob und wann dieser Auftrag komme, sei angesichts fehlender neuer Aussagen ungewiss. Aus Sicht der Basler Kantonalbank könnte dieser Grossauftrag zu gegebener Zeit für Rückenwind sorgen.

Die Valoren von Temenos hatten in den vergangenen Wochen über weite Strecken einen schweren Stand. Selbst die Nachricht, wonach sich mit Petrus Advisers ein für seine aktive Einflussnahme berüchtigter Finanzinvestor eingenistet habe, verhalf den Aktien nur kurzzeitig zu einer Kurserholung.

Beobachter gehen davon aus, dass die Börse ziemlich ungehalten auf die Vorabinformationen zum dritten Quartal und die Reduktion der Jahresvorgaben reagieren wird. Allerdings, so heisst es weiter, könnten die Probleme im Tagesgeschäft der Bereitschaft im Aktionariat zuträglich sein, das Unternehmen ins Ausland zu verkaufen. Entsprechende Spekulationen seien in den letzten Wochen ja immer mal wieder aufgeflackert.

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(AWP)