Das Management um Konzernchefin Martina Merz rechnet für das laufende Geschäftsjahr (per Ende September) mit einem deutlichen Rückgang des Umsatzes. Neben den Preiseffekten mache sich dabei auch der Verkauf von Geschäftsteilen bemerkbar. Im Vorjahr waren die Erlöse noch um gut ein Fünftel auf 41,1 Milliarden Euro geklettert. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) soll auf einen Wert im mittleren bis hohen dreistelligen Millionen Euro-Bereich sinken, nach 2,1 Milliarden Euro 2021/22. Und auch beim Jahresüberschuss geht Thyssenkrupp von erheblichen Einbussen aus - dieser soll lediglich "mindestens" ausgeglichen ausfallen.
Im vergangenen Jahr hatte Thyssenkrupp im Stahl- sowie im Handelsgeschäft von erheblichen Preissteigerungen profitiert und unter dem Strich einen Gewinnsprung auf 1,2 Milliarden Euro erzielt, nachdem im Vorjahr noch ein kleiner Verlust angefallen war. Darin enthalten sind mehr als 500 Millionen Euro Wertberichtigungen im Zusammenhang mit den gestiegenen Zinsen und damit einhergehenden höheren Kapitalkosten. Für Aktionäre bedeutet dies das Ende einer langen Durststrecke. Nach drei Jahren Ausfall will Thyssenkrupp erstmals wieder eine Dividende zahlen. Vorgeschlagen werden 0,15 Euro je Aktie.
Im vierten Quartal sanken die Auftragseingänge um mehr als ein Viertel auf 10,4 Milliarden Euro. Das Umsatzwachstum flachte ab und stand bei noch 12 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro. Das bereinigte Ebit ging um mehr als 30 Prozent auf 161 Millionen Euro zurück. Unter dem Strich konnte Thyssenkrupp die Gewinne jedoch steigern - profitierte hier aber unter anderem auch von Verkaufsgewinnen.
"Die Zahlen zeigen: Wir haben gute Fortschritte gemacht beim Umbau von Thyssenkrupp und konnten die operative Leistungsfähigkeit der Geschäfte deutlich steigern", sagte Konzernchefin Merz. Das Unternehmen habe "Widerstandsfähigkeit und Substanz" aufgebaut. "Unser Schwung beim Veränderungsprozess wurde zwar gebremst, aber wir haben drei externe Schocks - Pandemie, Halbleitermangel und Krieg - vergleichsweise robust wegstecken können."
Neben den höheren Preisen trug im vergangenen Geschäftsjahr auch das laufende Restrukturierungsprogramm zur Steigerung der Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit Früchte. Dieses sieht unter anderem auch die Streichung von insgesamt knapp 13 000 Stellen vor. Davon seien inzwischen fast 10 000 Arbeitsplätze abgebaut worden, teilte Thyssenkrupp weiter mit. "Die für den Umbau notwendige Restrukturierungsphase lassen wir so langsam hinter uns und können uns auf fokussierte und "normale" Produktivitätssteigerungen konzentrieren", kommentierte Personalvorstand Oliver Burkhard.
Der Verkauf von Randbereichen kommt zudem weiter voran. Nachdem sich Thyssenkrupp im vergangenen Geschäftsjahr von seinem Edelstahlwerk AST, dem Bergbaugeschäft sowie dem Bereich Infrastructure getrennt und dadurch mehr als 800 Millionen Euro erlöst hatte, führt der Konzern Gespräche über weitere Verkäufe. Im Fokus steht dabei der Bereich Automation Engineering, der die Geschäfte rund um Antriebs- und Batteriemontage bündelt. Zudem laufen Vorbereitungen für einen Verkaufsprozess für das Geschäft mit Federn und Stabilisatoren.
Für das Wasserstoffgeschäft Nucera bevorzugt Thyssenkrupp weiterhin einen Börsengang - abhängig vom Kapitalmarktumfeld. Zuletzt hatte der Konzern die Pläne wegen der Marktvolatilität auf Eis gelegt. Auch über die weitere Entwicklung des Chemie- und Zementanlagenbaus will Thyssenkrupp noch entscheiden./nas/he
(AWP)