Laut dem Branchenexperten Chetan Udeshi von der Bank JPMorgan könnten sich die Gewinnerwartungen des Marktes für das zweite Quartal angesichts dieser Äusserungen als etwas zu optimistisch erweisen, wenngleich Wacker Chemie den Jahresausblick bestätigt habe.

Für die im MDax notierten Wacker-Chemie-Aktien ging es am Vormittag um rund drei Prozent auf 133,45 Euro abwärts. Damit hielten sie sich über der Unterstützung um die 130 Euro. Die Papiere hatten sich zwischen Mitte Oktober und Ende Februar deutlich von weniger als 100 bis auf gut 160 Euro erholt, gerieten dann aber unter Druck. Die Gewinne seit dem Oktober-Tief summieren sich allerdings immer noch auf mehr als ein Drittel.

Die schwache Nachfrage und der Preisdruck liessen den Konzernumsatz in den drei Monaten bis Ende März im Jahresvergleich um 16 Prozent auf 1,74 Milliarden Euro sinken. Auf dem Gewinn der Bayern lasteten zudem weiterhin hohe Energiepreise. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) brach um mehr als die Hälfte auf 281 Millionen Euro ein, was aber etwas mehr ist als von Analysten im Mittel erwartet. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 147 Millionen Euro, nach knapp 403 Millionen ein Jahr zuvor

Die Chemiebranche leidet seit Herbst 2022 massiv unter einem Abbau von Lagerbeständen durch Kunden. Negativ hinzu kommt die verminderte Kauflaune der Konsumenten im tristeren Konjunkturumfeld, was Nachfrage und Preise belastet.

Das macht sich im Geschäft mit Silikonen bemerkbar - diese vielseitig einsetzbaren Kunststoffe werden vor allem in der Elektronikindustrie, bei Textilherstellern, Medizintechnikunternehmen und in der Baubranche eingesetzt. Die Bauindustrie als wichtiger Absatzmarkt für Wackers Polymere bekommt zudem die wegen hoher Zinsen verringerte Bauaktivität zu spüren. Bei den Polymeren handelt es sich um verschiedenste chemische Verbindungen; sie sind die Basis etwa für Klebstoffe, werden aber auch in Bodenbelägen, Farben und Beton beigemischt, um Eigenschaften zu verändern.

In Wackers Sparte Silicones brach das operative Ergebnis im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zwei Drittel ein, in der Sparte Polymers um knapp ein Viertel. Immerhin: Zumindest im Polymer-Geschäft zeigte sich eine klare Verbesserung im Vergleich zum Vorquartal.

Derweil stand das Geschäft mit Polysilizium für Photovoltaik-Anlagen zum Jahresstart unter Druck, mit einem Rückgang des operativen Gewinns um etwa die Hälfte relativ zum Vorjahreszeitraum und zum Vorquartal. Kunden hielten sich laut Wacker wegen der volatilen Preise zurück; hinzu sei eine wartungsbedingte Anlagenabstellung gekommen. Bessere Geschäfte mit der Halbleiterindustrie, die aus dem Material Elektronikchips fertigt, konnten das nicht ausgleichen.

Für 2023 kalkuliert Hartel weiter mit einem Umsatzrückgang um bis zu knapp 15 Prozent auf 7 bis 7,5 Milliarden Euro. Der operative Gewinn (Ebitda) dürfte schlimmstenfalls um knapp die Hälfte auf 1,1 bis 1,4 Milliarden Euro einknicken.

Wacker Chemie zählt mit einer Marktkapitalisierung von rund 7,2 Milliarden Euro zu den grösseren Werten im MDax und bringt damit sogar etwas mehr auf die Börsenwaage als der Kunststoffkonzern Covestro , der im deutschen Leitindex Dax notiert ist. Allerdings ist bei Wacker Chemie der Streubesitz deutlich niedriger, da die Mehrheit der Papiere im Besitz der Dr. Alexander Wacker Familiengesellschaft mbH liegt./mis/tav/jha/

(AWP)